Klimaanpassung Düsseldorfs Klimazwilling ist Toulouse

Düsseldorf · Prognosen zeigen: In Düsseldorf könnte es zum Ende des Jahrhunderts ein ähnliches Klima geben wie in Toulouse. Eine Gruppe junger Erwachsener aus den Zwillingsstädten befasst sich aktuell in Frankreich mit der Thematik.

Hafida Seghaoui ist aktuell mit 17 anderen jungen Menschen für eine Woche in Toulouse, um sich über das Thema Klimaanpassung auszutauschen.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Aktuelle Klimaprojektionen haben ergeben, dass in Düsseldorf zum Ende des Jahrhunderts ein ähnliches Klima herrschen könnte wie aktuell in der südfranzösischen Stadt Toulouse. Konkret würde das bedeuten, dass sich etwa die Jahresdurchschnittstemperatur um mehr als drei Grad erhöhen könnte: Aktuell liegt Düsseldorf bei 14,2 Grad Celsius, Toulouse bei 17,7 Grad Celsius. Der Klimazwilling von Toulouse wiederum ist die tunesische Hauptstadt Tunis (24,5 Grad im Jahresdurchschnitt). Das bringt große Herausforderungen für Menschen, Tiere und Pflanzen mit sich – denen die drei Städte gemeinsam begegnen möchten.

Zwar lassen sich, wie das Umweltbundesamt schreibt, Lösungsansätze aus anderen Städten oder Regionen nicht einfach „nachbauen“, aber eine Zusammenarbeit ist in diesem Kontext sinnvoll. Daher gibt es zwischen den drei Städten schon jetzt verschiedene Klimaanpassungsprojekte, um sich auszutauschen, voneinander zu lernen und geeignete Maßnahmen auch in den jeweils anderen Städten – angepasst an die jeweiligen lokalen Umstände – umsetzen zu können. Dazu gehören die Projekte „Life Green Heart“, „Klimazwillinge in Aktion“ und der Hitzeaktionsplan „Plan C°“.

Zuletzt wurden im Juli bei einem Workshop zum Thema „Klimaaustausch zwischen Partnerstädten“ in Paris verschiedene Ansätze und Projekte vorgestellt, die insbesondere in Toulouse durchgeführt werden. Dazu zählen unter anderem die „Opération Toulouse + fraîche“, bei der ein 30-Punkte-Plan aufgestellt wurde, mit dem sich die Stadt gegen die Klimaveränderungen und vor allem die höheren Temperaturen wappnen möchte. In den Zielen steht explizit bereits einerseits die „Erleichterung des urbanen Lebens“ und andererseits die Beispielfunktion, die Toulouse für Städte mit (zukünftig) ähnlichem Klima einnehmen möchte.

Tatsächlich dürften in dem Hitzeaktionsplan Plan C° auch einige Punkte aus Toulouse Einzug halten. Hier arbeitet die französische Stadt eng mit Karlsruhe und Düsseldorf zusammen und unterstützt mit praktischen Erfahrungen. Dazu zählt unter anderem der Schutz von vulnerablen Gruppen: (Klein-)Kinder, Senioren, chronisch Kranke. Es geht auch um mehr Verschattung und Begrünung, weniger Versiegelung und die Schaffung von Kälteinseln, Orten also, die an besonders heißen Tagen zur Abkühlung aufgesucht werden können, um Trinkwasserbrunnen und Installationen von Brumisateuren, also Wasserverneblern.

Der Austausch geschieht auch auf anderer Ebene. Bei dem Projekt „Klimazwillinge in Aktion“ haben junge Erwachsene aus allen drei Städten die Möglichkeit, sich in einer der Metropolen für eine Woche lang zu treffen und auszutauschen. Gefördert wird dies vom Deutsch-Französischen Jugendwerk. Nachdem es 2022 nach Tunis gegangen ist, sind die 18 Teilnehmerinnen und Teilnehmer 2023 aktuell in Toulouse.

Hafida Seghaoui ist eine davon. Sie war auch schon in der tunesischen Hauptstadt mit dabei. „Es ist eine spannende Gelegenheit, neue Perspektiven kennenzulernen und sich miteinander auszutauschen“, erzählt sie. Es gebe vor Ort ein volles Programm, unter anderem mit Projektarbeiten, in denen es um Klimaanpassung geht. „Es ist besonders wichtig, dass sich auch junge Menschen mit dem Thema auseinandersetzen, Impulse bekommen und diese in ihrer Heimatstadt weitertragen können.“ Sie selbst war bis vor Kurzem im Jugendrat der Stadt Düsseldorf aktiv und engagiert sich inzwischen bei der Grünen Jugend. Außerdem arbeitet sie beim Jugendinformationszentrum Zett nahe des Hauptbahnhofs.

Der Austausch findet bis Ende der Woche statt. Einer der Orte, der dabei angeschaut werden wird, ist die Insel Le Ramier mitten in Toulouse im Fluss Garonne. Diese ist Teil des Projektes Life Green Heart, das von der EU gefördert worden ist. Es geht dabei um die Begrünung des nördlichen Teils der Insel, womit eine Art „Grüne Lunge“ für die Stadt geschaffen werden soll.

Das Projekt ist auf fünf Jahre angesetzt und soll im September 2024 abgeschlossen sein. Das dort befindliche Messegelände wird in dem Zuge zurückgebaut, ausgelaugte Böden sollen wieder hergestellt werden und Pflanzen, die an das lokale Ökosystem angepasst sind, sollen angepflanzt werden. Das Ziel: Mehr Biodiversität, mehr Abkühlung durch die Pflanzen und damit geringere Temperaturen – auch für die umliegenden Bereiche –, weniger Luftschadstoffe, weniger Lärm und eine Rückgewinnung der Fläche auch für die Bevölkerung. Die Kosten liegen bei mehr als 3,1 Millionen Euro. Das Projekt wird dabei wissenschaftlich eng begleitet, sodass die Ergebnisse auch für ähnliche Projekte in anderen Städte genutzt werden können. In Düsseldorf etwa wird an einem Pocket Park an der Albertstraße gearbeitet, ähnliche Projekte sollen folgen.

Zu Life Green Heart gibt es einen Fotowettbewerb für Düsseldorf und Toulouse. Für die südliche Düssel sowie Le Ramier sollen die Veränderungen und die Renaturierung fotografisch festgehalten werden. Der erste Teil des Wettbewerbs fand 2021 statt, 2024 wird es einen zweiten Teil geben.