Erntedankfest Zum Erntedankfest kommt das ganze Dorf zusammen
Urdenbach Höhepunkt des viertägigen Festes ist der Erntedankumzug, auf den sich manche Gruppen mehrere Wochen vorbereiten.
Einmal im Jahr putzt sich das Dorf im Süden von Düsseldorf heraus. Zum Erntedankfest werden Häuser und Vorgärten in Urdenbach herbstlich geschmückt. Mit vereinten Kräften schiebt Stefan Vogl mit seinen Freunden den Erntewagen in das Zelt auf dem alten Schulhof in der Angerstraße. Die Holzkrone, die auf dem Wagen stehen wird, haben sie vorher wieder abmontiert. Sie ist zu hoch für den Unterstand. In einem weiteren Zelt stehen Schubkarren aus Holz, die sogenannten Schürreskarren, zum Schmücken aufgereiht. Heu und Stroh, Rindenmulch und Rollrasen liegen schon bereit. Für heute hat die Erntedankgruppe „De Kümmerlinge“ ihre Arbeit getan. Geschmückt werden der Wagen und die Schürreskarren am Samstag. Beim großen Festumzug sollen der Hopfen und die Zweige mit roten Beeren noch frisch aussehen.
Ursprünglich dankten die Bauern für eine reichhaltige Ernte
Der Erntedankumzug in Urdenbach ist ein Ereignis, an dem kaum ein Bewohner des Stadtteils am südlichen Zipfel von Düsseldorf vorbeikommt. Straßen werden großräumig abgesperrt und mehrere tausend Zuschauer strömen ins „Dorf“, wie die Urdenbacher ihren Stadtteil nennen. Das Erntedankfest ist aus einer bäuerlichen Tradition entstanden. Ursprünglich dankten die Bauern mit einem Herbstfest für eine reichhaltige Ernte. Daraus entstand ein Umzug, zunächst mit geschmückten Wagen, ab 1952 kamen die Schürreskarren dazu. Mit den Jahren wurde der Erntedankumzug immer größer, auch weil neue Brauchtumsgruppen entstanden.
„De Kümmerlinge“, auf Hochdeutsch die Kümmerlichen oder die Kleinen, ist eine von 44 Gruppen, die am Festzug teilnehmen. Sechs Jungs um Stefan Vogl hatten 1987 eine eigene Erntedankgruppe gebildet. „Mit 17 standen wir an der Theke und dachten: Dat können wir auch“, sagt Ludger Heise, der von Anfang an dabei war. „Die Tradition, Erntedank zu feiern, hatten wir ja quasi mit der Muttermilch aufgesogen“, sagt Stefan Vogl. Als Kleinkinder wurden sie einfach im Bollerwagen mitgezogen. In ihrem ersten Jahr als Gruppe starteten die sieben Jungs nur mit Schürreskarren, die mit Obst, Gemüse und Blumen geschmückt waren. In den folgenden Jahren erwachte der Ehrgeiz: die Wagen wurden immer aufwendiger gestaltet.
Auch die Kleidung wurde perfektioniert: „De Kümmerlinge“ erkennt man an einer einheitlichen Tracht. Die Frauen tragen ein blaues Dirndl mit einer weißen Schürze, die Männer Kniebundhosen, ein blau-weiß-gestreiftes Hemd und dunkelblaue Halstücher, die vorne zusammengehalten werden. „Dazu tragen wir Holzschuhe, die Blotschen“, sagt Stefan Vogl, der noch bis Montag mit seiner Frau Beate das Amt des „Blotschenkönigspaar“ bekleidet. Dazu traten die beiden im vergangenen Jahr beim „Blotschenball“ gegen mehrere Paare an und tanzten um den Titel, mit dem sie das Dorf ein Jahr lang vertreten durften.
Das war ein lang gehegter Traum von Stefan Vogl. Aber auf etwas anderes kommt es ihm noch mehr an: Durch das Erntedankfest habe sich eine riesige Gemeinschaft entwickelt. „Das ganze Dorf kommt dann zusammen“, sagt Vogl. „Wir sind stolz darauf, dass wir das noch haben.“
„De Kümmerlinge“ stellen einen Erntewagen und eine Fußgruppe
Drei Jahrzehnte nach Gründung ihrer Erntedankgruppe sind die Jungs von damals keine Jungs mehr, sondern Männer um die Fünfzig. Sie blicken auf eine gemeinsame Geschichte zurück, die sie verbindet. Sie haben Familien gegründet und ihre Kinder sind jetzt so groß, dass sie als zweite Generation beim Erntedankumzug mitlaufen. Heute stellen die 70 Mitglieder von „De Kümmerlinge“ beim Festzug einen Erntewagen, der von einem Traktor gezogen wird, eine Fußgruppe und eine Schürreskarrengruppe.
Nicht alle Gründungsmitglieder leben mehr in Urdenbach, kommen aber jedes Jahr zum Höhepunkt des Dorflebens wieder zusammen.