Gewässer in Düsseldorf Die Gestalterin des Unterbacher Sees wird 100 Jahre alt
Düsseldorf · Die Familie von Traute Klingenberger hat die Kieswerke betrieben, deren Bagger auch den heute so beliebten See erschufen.
Am morgigen Sonntag wird sich Familie Klingenberger auf einem Panoramaboot auf dem Unterbacher See versammeln, um anlässlich des 100. Geburtstags der Familienältesten, Traute Klingenberger, eine Schiffsfahrt über das Gewässer zu unternehmen. Traute, die mit wachem Geist in einem Seniorenheim in Gerresheim lebt, kann allerdings nicht teilnehmen. Die Fahrt, die eine besondere Bedeutung hat, ist ihr zu anstrengend. Den üblichen Hinweisen zum See und seiner Geschichte brauchen die Fahrgäste, das sind die beiden Töchter mit Männern, vier Enkel und fünf Urenkel, dann aber nicht zu lauschen. Denn die Familie ist eng mit dem See verbunden, denn dieser wurde quasi von Traute und ihrem 1972 verstorbenen Mann Karl geschaffen.
So haben die Klingenbergers das Unternehmen „Rheinische Kieswerke – Karl Klingenberger“ geleitet, das kurz vor dem Krieg anfing in Unterbach Kies abzubauen, der für den Bau der Reichsautobahn, für die Errichtung von Luftschutzbunkern und nach dem Krieg für den Wiederaufbau von Häusern verwendet wurde. „Am Anfang war alles schwierig, aber als die Eisenbahn, die in Eller einen Bahnhof betrieb, eine kleine Nebenstrecke bis an den See verlegte, konnte man den Kies und Sand überall hinschaffen“, erzählt Tochter Susanne Merks. 1925 hatte dort schon eine andere private Firma mit der Kiesbaggerei begonnen, sodass schon ein kleines Baggerloch entstanden war. „Für die jetzige Größe und die Tiefe des Unterbacher Sees war aber meine Familie letztendlich verantwortlich“, sagt Merks.
Und aus unterschiedlichen Gründen gab es sogar den Wunsch, den See eigentlich noch größer zu gestalten. Denn die Klingenbergers hätten gern noch weiter Richtung Süden gebuddelt, aber diesem Geschäft stand die Autobahn im Wege. Ein anderes Unternehmen begann später auf der anderen Seite der Autobahn abzubauen, sodass dort der Elbsee entstand. „Mein Vater war auch Mitglied im Segelclub am See und seine Kameraden haben sich von ihm einen noch größeren Unterbacher See gewünscht“, sagt Merks und lacht.
Während sich am Seeufer in den 1950er-Jahren zunächst ein illegales Paradies für Schwimmer, Angler, Paddler und Motorbootfreunde entwickelte, baggerten die Klingenbergers weiter. Als dann das Gebiet um den Unterbacher See zu einem Volkserholungsgebiet mit Strandbädern ausgebaut wurde, verlagerte das Unternehmen seine Tätigkeit in den Osten des Gewässers Richtung Unterfeldhaus. „Ab und zu fuhren dann unsere Schiffe über den See, aber das hat niemanden gestört“, sagt Merks. Als Kind war sie manchmal mit an Bord. „Daran habe ich sehr schöne Erinnerungen.“ Und auch an die „Schätze“, die manchmal bei der Baggerei gehoben wurden. „Immer wieder wurden Mammut-Zähne gefunden. Einer wurde dem Löbbecke-Museum gestiftet. Aber auch schöne große Findlinge wurden herausgeholt.“
Die Kiesbaggerei am Unterbacher See wurde Mitte der 1970er-Jahre dann eingestellt. Das Gebiet war ausgeschöpft, zudem war Karl Klingenberger plötzlich im Alter von nur 48 Jahren durch ein Aneurysma gestorben. Traute Klingenberger übernahm zunächst mit Hilfe anderer die Geschäfte, zog sich aber daraus zurück, als der Mann ihrer Tochter Angelika, Jürgen Fourmont, sich in die Firma einarbeitete. Er wickelte das Unternehmen ab, die Familie betrieb aber weiterhin einen zweiten Standort in Langenfeld. Traute widmete sich danach wieder ihrer Profession. Sie hatte als junge Frau Gesang in Berlin studiert und wollte eigentlich auf die Opernbühne. In Düsseldorf hatte sie ihre Gesangsausbildung fortgesetzt und hatte mehrere Solokonzerte im Robert-Schumann-Saal oder auch im Schloss Benrath gegeben. Später unterstützte sie den städtischen Musikverein und sang fast 30 Jahre im Sopran. Auch den Görres-Chor, der alljährlich in St. Malo gastierte, unterstützte sie mit ihrer Stimme und fuhr dort mit 80 Jahren selber noch mit dem Auto hin.