Urteil in Düsseldorf Photovoltaikanlage trotz Denkmalschutz? Gericht fällt wegweisendes Urteil

Düsseldorf · Die Eigentümer eines Einfamilienhauses in der Golzheimer Siedlung hatten geklagt, da die Stadt die Solarmodule nicht gestatten wollte. Jetzt hat das Verwaltungsgericht der Familie recht gegeben.

Thomas und Julia Paul mit ihren Kindern Nikolas (auf dem Arm) sowie (v.l.) Max (5), Christopher (6) und Charlotte (8).

Foto: Döring, Olaf (od)

Das Verwaltungsgericht in Düsseldorf hat den Weg für mehr Photovoltaikanlagen auch bei geltendem Denkmalschutz frei gemacht. Nach dem Urteil vom Donnerstag dürfen die Eigentümer des Einfamilienhauses in der weißen Siedlung in Golzheim Solarmodule auf ihrem von der Straße aus einsehbaren Teil des Daches installieren, obwohl dort eine Denkmalbereichssatzung gilt. Das Gericht gab der Klage der Düsseldorfer Familie statt und teilt mit: „Die Landeshauptstadt Düsseldorf ist verpflichtet, die hierzu nach dem Denkmalschutzgesetz NRW erforderliche Erlaubnis zu erteilen.“

Zur Begründung verweist das Gericht auf das Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG): Demnach kann laut Gericht „der Denkmalschutz das öffentliche Interesse an dem Ausbau der erneuerbaren Energien nur noch in atypischen Fällen überwinden“. Das müsse mit besonderen Umständen fundiert begründet werden. „Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor“, stellt das Gericht fest.

In der Vergangenheit gab es bereits vergleichbare Konflikte

So würden die denkmalrechtlich geschützten Blickbezüge „nicht erheblich beeinträchtigt“. Gleiches gelte für die von der Rheinuferpromenade aus wahrnehmbare Silhouette der Siedlung. Ihr geschütztes Erscheinungsbild „in Gestalt und Struktur“ werde nicht stark beeinträchtigt – höher zu gewichten sei das „überragende öffentliche Interesse“ an Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien.

Wesentliche Elemente der Bausubstanz würden zudem gar nicht berührt. Das Gericht nennt hier die „Architektursprache, die Kubatur und Größe der Gebäudegrundflächen, die Eingeschossigkeit, das weiß geschlämmte Ziegelmauerwerk sowie die Dachform und -neigung“.

Das Gericht kommt des Weiteren zum Schluss, dass das „Störgefühl des Durchschnittsbetrachters“ im Laufe der Zeit bereits abgenommen habe und weiter abnehmen werde, da mehr und mehr Solaranlagen auf Hausdächern sichtbar werden.

Erfreut reagiert der Anwalt Thomas Paul auf das Urteil, der sich hier in eigener Sache vertreten hatte. Im Gespräch mit der Redaktion sagt er, dass seine Familie nach der russischen Invasion in der Ukraine sowie der Energiekrise entschieden habe, das Haus an der Leo-Statz-Straße auf eine Wärmepumpe und Photovoltaikanlage umzurüsten. Letzterer habe die Stadt allerdings nicht zugestimmt, obwohl man versucht habe, die Planung mit Blick auf den Denkmalschutz so verträglich wie möglich zu halten.

So habe man die Paneele nur auf der zum Garten liegenden Seite des Dachs vorgesehen, die lediglich von einer etwas weiter entfernt liegenden Straße zu sehen sei. Zudem habe man sich bei der Auswahl der Anlage für ein Modell entschieden, das sich optisch möglichst wenig von den Dachziegeln abhebt. „Wir verstehen die denkmalrechtliche Erwägungen sehr gut. Aber wir haben vier kleine Kinder und das Bedürfnis, ihnen einen intakten Planeten zu hinterlassen.“ Die Maßstäbe bei der Abwägung zwischen Denkmalschutz und EEG-Gesetz seien aus seiner Sicht in Düsseldorf verschoben gewesen.

Das Gericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Urteils die Berufung zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zugelassen. Ob die Stadt diesen Schritt gehen will, ist noch offen. Ein Sprecher teilt mit, dass die Urteilsbegründung erst überprüft werden müsse. Denkbar ist auch, dass die Verwaltung die Genehmigungspraxis anpasst. Bereits in der Vergangenheit gab es immer wieder Konflikte vergleichbarer Art, etwa bei einem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude am Kaiser-Friedrich-Ring in Niederkassel oder auch in einem Mietshaus in einem Denkmalschutzbereich in Oberkassel. Dort sollte eine Photovoltaikanlage etwa nur mit Solarziegeln oder auf den Gauben gestattet werden. Die Stadt hat mit Blick auf das jetzt erwartete Urteil einige Anträge zurückgestellt. Der Sprecher teilt mit, dass sich für diese noch keine Folgen ergeben, solange das Urteil des Verwaltungsgerichts noch nicht rechtskräftig ist.

Laut Gericht laufen derzeit eine Handvoll weiterer Verfahren zur offenen Frage der Vereinbarkeit von Denkmalschutz und Solaranlagen.