Ärger Wenn der Vermieter plötzlich die Wohnung kündigt

Düsseldorf · Wie der Besitzer eines Hauses an der Kasernenstraße mit seinen Mietern umgeht, ist laut Experte kein Einzelfall. Eine Mieterin wehrt sich nun gegen Kündigung und Räumungsklage.

 Einige Mieter dieses Hauses drohen, ihre Wohnung zu verlieren.

Einige Mieter dieses Hauses drohen, ihre Wohnung zu verlieren.

Foto: ale

Die Kündigung kommt fünf Tage vor Weihnachten. Fristlos. „Schon jetzt werden Sie aufgefordert, die Wohnung zu räumen und geräumt an uns zurückzugeben“, heißt es in dem Schreiben, das Inge Hufschlag am 19.12.2018 im Briefkasten zu ihrer Wohnung an der Kasernenstraße 17-19 findet. Und um offenbar ja keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, formuliert der neue Eigentümer des Hauses noch folgenden Satz: „Bereits jetzt widersprechen wir ausdrücklich einer Fortsetzung des Mietverhältnisses; dieses wird auch dann nicht verlängert, wenn Sie den Gebrauch der Mietsache fortsetzen.“

Urplötzlich baut sie sich also auf und wird ganz real: die Gefahr die eigene Wohnung zu verlieren. Hufschlag, die auch Autorin unserer Zeitung ist, sagt: „Ich war wie gelähmt damals.“ So kurz vor Weihnachten sei es sehr schwer gewesen, einen Anwalt zu finden. Zufall ist der Zeitpunkt — auch aus psychologischer Sicht — nach Hufschlags Meinung nicht.

Der Grund für die Kündigung ist, dass die Düsseldorferin im Jahr 2010 die Miete mindert. Um 240 Euro, bei einer Warmmiete von 1200 Euro für ihre Wohnung im dritten Stock. Bis heute ist die Küchenaußenwand der Wohnung feucht, vor allem mangelnde Trittschalldämmung darüber veranlasste die Gekündigte zu dem Schritt, den sie mit dem Mieterverein abspricht. Und: Der langjährige Eigentümer der Immobilie hat sich nie beklagt. „Ich habe nie eine Zahlungsaufforderung bekommen“, sagt Hufschlag.

 Mieterin Inge Hufschlag auf der Terrasse, die zu ihrer Wohnung gehört.

Mieterin Inge Hufschlag auf der Terrasse, die zu ihrer Wohnung gehört.

Foto: Hufschlag

Der neue Eigentümer, der das Haus in lukrativer Innenstadtlage 2018 gekauft hat, holt das jetzt nach. Einen Betrag von 13 847 Euro will er haben, für die Zeit von 2015 bis Ende 2018, Ansprüche für die Zeit davor sind verjährt. Nachgereicht hat er inzwischen Zahlungsaufforderungen für die Differenz der aktuell bezahlten Miete und einer potenziellen Miete, die ein neuer Bewohner nach Anpassung an den Mietspiegel zahlen würde. Und, um offenbar ja keine Zeit zu verlieren, hat der Vermieter, die WP Kasernenstraße GmbH, nun auch Räumungsklage eingereicht.

Nicht nur gegen Hufschlag geht der Eigentümer des fast 115 Jahre alten und sanierungsbedürftigen Hauses kompromisslos vor. Auch anderen Mietern droht nach Informationen unserer Zeitung der Auszug, sie wollen jedoch nicht öffentlich darüber sprechen. Nachvollziehbar, sie haben einiges zu verlieren.

Die fristlos Gekündigte sucht jedoch ganz bewusst die Öffentlichkeit. „Solche skrupellosen Methoden sind all zu oft von Erfolg gekrönt, weil sich Betroffene viel zu selten trauen, sich dagegen zu wehren.“ Zumal sie überzeugt sei, dass es sich beim Geschehen im Haus an der Kasernenstraße keineswegs um einen Einzelfall handele.

Das bestätigt auch Uwe Warnecke, der als Rechtsberater beim Mieterverein mit dem Fall Hufschlag vertraut ist. Gleichwohl stellt er fest, dass der Vermieter mit seinem Vorgehen nicht gegen das Mietrecht verstoße. Vor Gericht müsse jetzt geklärt werden, ob die Mietminderung rechtens war, auch welche Rolle es spiele, dass ihr jahrelang nicht widersprochen wurde. Aber Warnecke sieht auch einen Trend bestätigt. „Der Vermieter hat sich gleich auf die Möglichkeit gestürzt, den Mieter loszuwerden.“ Tatsächlich hat es weder bei Hufschlag noch bei weiteren betroffenen Mietern zunächst einmal ein Gespräch gegeben, wie mögliche Probleme gelöst werden könnten. Für Warnecke ist das bezeichnend. „Ich erlebe das immer häufiger, das gnadenlos auf Achillesfersen von Mietern gezielt wird, Druck ausgeübt wird, um wirtschaftliche Ziele zu erreichen.“ Denn Neuvermietungen bringen natürlich mehr Geld.

Hintergrund der Entwicklung sei auch, dass viele Gebäude aus der Nachkriegszeit allmählich in die Jahre kämen und der Sanierungsbedarf in der Stadt groß sei. Auch damit werde versucht, ein Geschäft zu machen.

Mietern gibt Warnecke jedoch auch einen Rat: Die Miete sollte — selbst bei auf den ersten Blick triftigen Gründen — nicht einfach gemindert werden. „So geraten Mieter schnell in die Defensive und laufen schlimmstenfalls nach rechtlicher Prüfung sogar Gefahr, ihre Wohnung zu verlieren.“ Vielmehr sollte die Miete unter Vorbehalt überwiesen und Rückzahlungen eingefordert werden.

Die WP Kasernenstraße GmbH schlug ein Gesprächsangebot mit unserer Redaktion aus. Per Mail wird lediglich darauf hingewiesen, dass das Unternehmen sich an Recht und Gesetz halte und um einen „partnerschaftlichen Umgang mit unseren Mietern bemüht“ sei. Genauere Angaben zu Mietverhältnissen könnten aus Datenschutzgründen nicht gemacht werden. Ein Abriss des Hauses sei nicht geplant.