Pflegeheime 1000 Plätze fehlen in der Altenpflege: Wer baut neue Heime?
Düsseldorf · Die Stadt prüft, wieder selbst Heime zu bauen und zu betreiben. Die freien Träger finden das gar nicht gut, sie fordern, lieber ihnen geeignete Grundstücke anzubieten. Und nun bieten sich auch private Betreiber an.
Schon jetzt fehlen etwa 1000 Pflegeheimplätze für Senioren in Düsseldorf. Und auch wenn es immerhin fixe Pläne für neue Einrichtungen mit rund 500 Plätzen gibt, wird sich das Problem in Zukunft noch verschärfen, denn die Zahl der hochbetagten Menschen über 80 steigt und steigt. Nicht öffentlich, aber hinter den Kulissen führt der Mangel wenn noch nicht zum Konflikt, so doch zu Verstimmungen zwischen der Stadt und den Wohlfahrtsverbänden in der Liga, die Pflegeheime betreiben: Allen voran Caritas, Diakonie, DRK und auch die Awo.
Worum geht es? Im Rathaus gibt es mittlerweile Zweifel, ob die freien Träger von sich aus energisch genug an neuen Pflegeheimen arbeiten. Oder ob sie sich nicht doch mit der Situation arrangiert haben, zumal ihre bestehenden Heime alle voll belegt sind. Wobei niemand bestreitet, dass dies in Düsseldorf sehr schwierig ist, weil freie Grundstücke sehr rar und meistens sehr teuer sind. Ganz zu schweigen vom Mangel an Pflegekräften. In der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses im Rathaus ging die SPD in die Offensive. Ihre Bürgermeisterin Klaudia Zepuntke brachte den Antrag ein, wonach die Stadt prüfen soll, ob sie nicht auch selbst wieder Heime bauen und betreiben soll. Bis Ende der 90er-Jahre gab es städtische Heime, zuletzt in Flehe und am Gallberg in Ludenberg. „Der Bedarf steigt und steigt und die Pflege gehört zur kommunalen Daseinsvorsorge“, begründete Zepuntke ihren Vorstoß, der dann auch eine Mehrheit im Ausschuss fand.
Aber sogleich auch auf Protest der Wohlfahrsverbände stieß. Marion Warden, Awo-Geschätsführerin und derzeit (noch) Sprecherin der Liga, führte das Subsidiaritätsprinzip in der sozialen Marktwirtschaft an, wonach der Staat Aufgaben nur dann wahrnehmen soll, wenn das private Einrichtungen nicht können. Und sie warnte die Stadt auch explizit, jetzt wieder ganz neue eigene Strukturen aufzubauen. Henric Peeters, der Vorstandsvorsitzende der Caritas in Düsseldorf, wurde jetzt noch deutlicher und sprach von einem „Affront“. „Wenn sich nun die Stadt als Retter aufschwingen wolle, mache sich gleichsam der Bock zum Gärtner. Peeters: „Es soll mal jemand erklären, warum die Stadt, die vor mehr als 20 Jahren aus dem Bereich ausgestiegen ist, das besser können soll als wir.“ Im übrigen habe der Caritasverband im Rathaus schon lange auf die kritische Pflege-Situation hingewiesen, „aber da kam dann nicht viel Resonanz“, so Peeters. Untätigkeit könne man dem katholischen Wohlfahrtsverband keinesfalls vorwerfen: „Wir sind auch mehrfach zur Stadt gegangen und haben ganz klar gesagt: Gebt uns ein passendes Grundstück, dann bauen wir“, sagt Peeters. Und führt als Beleg das Ludgeri-Quartier an der Merowinger Straße an. Da gab es einen Investorenwettbewerb, in dem sich die Caritas durchsetzte und nun (bis 2021) ein modernes Altenpflegezentrum mit 104 Plätzen und eine Kinder-Großtagespflege baut. Hinzu kommen Neubauten in Rath (St. Elisabeth) und in Garath (St. Hildegard) sowie des Anna-Stiftes in der Altstadt plus der Umbau von St. Josef in Oberbilk. Auch das Rote Kreuz hat in letzter Zeit neu gebaut und tut es weiterhin, zuletzt den Pflegecampus „Gerresheimer Höhe“ an der Gräulinger Straße; die Diakonie hat dieses Jahr in Golzheim das Tersteegen-Haus eröffnet.
Dennoch: Das wird absehbar nicht reichen. Deshalb will die Stadt, dass mehr Druck auf den Kessel kommt. Dass die Kommune wirklich, bald wieder – wie andere Städte – in Eigenregie Altenheime baut, ist eher unwahrscheinlich. Lieber wäre auch ihr, die Verbände oder auch private Anbieter würden das tun. Erst vorvergangene Woche bot sich ein großer deutscher Anbieter bei der Stadt an und bekundete schriftlich sein Interesse an Standorten für Pflegeheime. Aber auch hier gilt: Erst einmal müssen Grundstücke her. Da ist die Stadt in der Pflicht, die, wie nicht nur die freien Träger meinen, zu lange vor allem darauf geachtet hat, ihre Grundstücke so teuer wie möglich zu verkaufen.