Düsseldorfer Werbelegende verrät die Tricks der Branche

Thomas Koch hat ein Buch über seine 42 Jahre in der Werbung geschrieben. Im Interview erzählt er, warum er nicht ans Aufhören denkt.

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Düsseldorf. Sascha Lobo nannte Thomas Koch einmal den „Über-Experten“ der deutschen Agenturszene. Immerhin ist Koch, Jahrgang 1952, seit 42 Jahren im Geschäft. Er gründete 1987 die Düsseldorfer Mediaagentur tkm und graste in den 80er Jahren praktisch alle großen Werbekunden ab.

Von Koch stammt die Idee, zwei Männer in Dockers Hosen ein Kanu durch die Stadt tragen zu lassen oder Animationsfilme nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen zu werben. Jetzt hat er ein Buch geschrieben.

Herr Koch, Sie sind in der Werbebranche sehr erfolgreich, warum das Buch?

Koch: Wenn ich ehrlich bin: um ein Buch zu schreiben. Ich habe zwar schon Kolumnen veröffentlicht, aber nie aus persönlicher Sicht aus meinen 42 Jahren in der Werbebranche berichtet. Das war anfangs gar nicht leicht. Zuerst las sich das so, als würde ich mich selbst beobachten. Darum sind später noch die Kapitel dazugekommen, wo es darum geht, wie ich so geworden bin, wie ich bin. Außerdem hoffe ich, dass ich mit meinem Buch Leuten helfen kann, die selbst in die Werbebranche wollen.

Als Sie wieder in Deutschland waren, hat ihre Mutter hat dafür gesorgt, dass Sie eine kaufmännische Ausbildung machen — sie sagten zu, obwohl sie die Befürchtung hatten, die Ausbildung könnte „sterbenslangweilig“ werden. Von da ging es steil bergauf. Sie wurden Mediachef bei GGK Düsseldorf und machten Ihre eigene Agentur auf. Gab es nie Rückschläge?

Koch: Ich habe nie eine richtige Krise erlebt, bin immer auf die Füße gefallen. Dass es dafür nicht nur Fleiß und Können, sondern auch wahnsinnig viel Glück und Menschen braucht, die einen unterstützen, wird im Buch deutlich. Darum ist es auch so wichtig, sich darauf zu besinnen, dass eine Werbekampagne nicht aus der Maschine stammt und die Zielgruppe als Menschen zu begreifen.

In Ihrem Buch geht es auch um die unlauteren Tricks der Branche.

Koch: Ich habe Namen nur genannt, wo mein Erlebnis ein positives war und die Namen überall dort, wo ich unsanfter mit den Menschen umgehe, weggelassen. (Etwa den Namen des TV-Vermarkters , der in der Mediagenturen heimlich Freispots gewährte und Koch auf die Schliche kam; Anm. der Redaktion). Wer die Szene kennt, kann sich allerdings denken, um wen es geht. Bei jedem Einzelnen.

Am Ende jeden Kapitels gibt es einen Tipp, etwa: „Eine vielversprechende Idee darf nicht Zahlen zum Opfer fallen.“ Wie ernst sind diese zu nehmen?

Koch: Da steckt ab und an etwas Ironie drin. Aber ich haben in meinem Leben unendlich viele Ratgeber-Bücher gelesen, die mir nicht weitergeholfen haben. Ich habe eine andere Art Buch schreiben wollen, aus dem wirklichen Leben.

Sie haben Ihre Mitarbeiter schon zu Weihnachtsfeiern nach Rom einladen oder ließen Europas beste Beatles-Cover-Band aus Moskau einfliegen. Dreht man in der Branche irgendwann ab?

Koch: Wenn ich aufgefordert werde, meine Fehler zu beschreiben, sage ich, dass ich nie mit Geld umgehen konnte. Weniger hätte es sicher auch getan, aber ich habe nie einen einzigen Cent bereut. Wir sehen das überall: Wenn eine Firma spart, dann an der Weihnachtsfeier. Das geht nicht. Die Menschen verstehen, wenn etwas auf kleiner Flamme laufen muss. Aber nur noch Sachlichkeit bei der Arbeit — das funktioniert nicht.

Sie reisen regelmäßig in Krisengebiete, um Journalisten und Medienmacher dabei zu unterstützen, sich auf dem Markt zu positionieren. Was versprechen Sie sich davon?

Koch: Mir ist das Anliegen wichtig, weil freier Journalismus die Grundlage der Demokratie bildet. Es ist der schiere Wahnsinn zu erleben, wie die Leute sich einsetzen. Nur nach Kabul möchte ich nicht mehr reisen. Als ich dort war, wurde ein Anschlag auf ein Hotel verübt, in dem viele Ausländer wohnten. Das war sehr beängstigend.