Besonderes Jugendbuch über indische Waise Sie schreibt über Kind aus einem Slum
Düsseldorf · In ihrem Roman schildert Simone Fischer die bewegende Geschichte einer Vierjährigen, die aus den Slums in Indien gerettet wird.
. Für Jyoti ist es die Rettung in letzter Minute: Das Waisenmädchen (4), das alleine in den Slums im indischen Bhopal lebt, liegt ausgehungert und dehydriert auf zerfallenen Pappkartons am Hauptbahnhof, als ein Mann mit einer tiefen Stimme dem Mädchen etwas zu trinken gibt. Dann fällt die Vierjährige auch schon in Ohnmacht. Als sie aufwacht, ist nichts mehr wie vorher: Sie liegt in einem Bett mit Kissen, trägt ein Nachthemd, das sie für viel zu schön hält, um darin zu schlafen. Ihre zerschundenen Knie und Ellbogen sind verarztet und eine Frau in einem weißen Kittel steht neben ihrem Bett und redet beruhigend auf sie ein. Und der Mann vom Bahnhof ist auch da. „Jyotis Traum“ ist Simone Fischers viertes Buch und erster (Jugend-)Roman – und er war ein Risiko. Über eine Figur in einem gut 7000 Kilometer entfernten Land und in einem anderen Kulturkreis zu schreiben, hätte misslingen können. Doch der Düsseldorferin, die im Hauptjob Sprecherin und Leiterin des Bereichs Kommunikation und Marketing an der Hochschule Düsseldorf ist, ist es in ihrem Roman gelungen, ein sehr authentisches Bild von Jyotis Leben und Verhältnissen zu zeichnen.
Fischer unterstützte
Pater Franklin Rodriguez
Mit Indien ist Fischer seit vielen Jahren eng verbunden. Über ihre Erfahrungen und Eindrücke auf ihren Indien-Reisen, über das große Leid, das sie dort sah, aber auch die Hoffnung, die sie immer wieder erglühen sah in Slums, hat sie mehrfach geschrieben. So begleitete und unterstützte sie etwa 2015 sechs Wochen Pater Franklin Rodriguez, einen Projektpartner der Indien-Hilfe, bei Bildungsprojekten und der Armutsbekämpfung ehrenamtlich und fasste ihre Blog-Einträge in dem Buch „Tage in Indien“ zusammen.
Diese Erfahrungen und Eindrücke, aber auch Figuren wie Pater Franklin, Ärztin Reetu oder Jyoti hat sie nun in ihr neues Buchprojekt einfließen lassen: „So spielt die Geschichte in Zentralindien in Bhopal, wo auch die Schulen und Waisenhäuser, die Leprakolonie und vieles mehr, was in der Geschichte eine Rolle spielt, von Franklin vor über 30 Jahren gegründet und erweitert wurde.“ Die Ärztin Reetu, die sie vor Ort kennenlernte, kümmerte sich dort um Kinder wie Jyoti und Lepra-Kranke. Die Protagonistin ihres Buchs bilde rein äußerlich zunächst ein reales kleines Mädchen namens Jyoti ab, das, als sie es kennenlernte, nur mit einem leuchtenden Seidenschal bekleidet war. „Ich bin Jyoti während meiner sechswöchigen Reportage- und Recherchereise vor einigen Jahren in Mumbai im Dhavari-Slum begegnet, dem zweitgrößten Slum der Welt. Ein Ort für Menschen, insbesondere Kinder, ohne Schutz und Rechte. Ein Ort, am dem es um das reinste Überleben geht. Tag für Tag.“ Jyoti habe sie nie vergessen: „Ihr Seidenschal zieht sich wie ein roter Faden durch den Roman.“ Im Buch kuschelt sich Jyoti abends immer in einen gelben Seidenschal ein, das einzige Andenken, das sie an ihre leprakranke Mutter hat. Auch als sie bereits im Waisenhaus lebt, wo sie ein neues Leben beginnt, Freundinnen findet und durch kindliche Neugierde und Abenteuerlust über Ärztin Reetu in Kontakt mit Medizin kommt. „Zwischen beiden entwickelt sich eine ganz besondere, generationenübergreifende Freundschaft, die zugleich auch Katalysator für Jyotis weitere Entwicklung ist“, sagt Fischer.
Das Buch „Jyotis Traum“ (Isensee Verlag: Oldenburg, 129 Seiten), 12 Euro