Mietkosten Die große Wohndebatte in Düsseldorf: Billiger und schneller bauen statt enteignen
Düsseldorf · Düsseldorf ist nicht Berlin, da sind sich Experten und Politiker einig. Doch die Mieten steigen auch hier weiter an. Was also ist zu tun?
Sehr viel haben Berlin und Düsseldorf nicht gemeinsam. Beide Städte leiden unter immer weiter steigenden Wohnungsmieten und Immobilienpreisen. Am Wochenende zog ein Demozug durch die Bundeshauptstadt, wo gerade ein Volksbegehren zur Enteignung großer Wohnkonzerne läuft und sich vor Unterschriften kaum retten kann. In Düsseldorf gab es am vergangenen Mittwoch immerhin einen Aktionstag des Bündnisses „Wir wollen wohnen“ vor dem Carschhaus. Doch natürlich wird auch hier darüber gestritten, was denn nun endlich hilft, den Anstieg der Wohnkosten spürbar zu bremsen, wenn schon nicht zu stoppen.
Eine Enteignung gegen Entschädigung unter Berufung auf das Grundgesetzes indes stößt bei hiesigen Experten und Politikern meist auf Ablehnung. „Wie blind kann man sein, dass man gegen Wohnungsnot darauf setzt? Es hilft nur bauen, bauen, bauen“, meint FDP-Chefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Auch NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) erteilt Enteignungen erwartungsgemäß eine Absage, denn damit würde kein neuer Wohnraum geschaffen, sondern „die Debatte maßlos verzerrt“.
Nun sind in Düsseldorf auch nicht tausende Wohnungen in der Hand von Konzernen wie Vonovia oder LEG, stattdessen ist der Hausbesitz breit gestreut. „Wir haben zum Glück noch viele Privatvermieter, die jahrelang die Miete gar nicht oder nur minimal erhöhen“, sagt Hans-Jochem Witzke, der Vorsitzende des Mietervereins. Matthias Herz, der Wohnungsexperte der SPD im Stadtrat, hat zumindest Verständnis für die Forderung, „vor allem in Berlin“. Im Ausnahmefall kann er sich Enteignung auch hier vorstellen: „In Hassels-Nord, insbesondere zu Zeiten der Luxemburger Immobilienfirma, habe ich durchaus selbst an dieses letzte Mittel gedacht.“ Generell indes glaubt auch Herz, dass der Rückkauf von Mietshäusern schlicht viel zu teuer sei und den Stadtetat zu sehr belasten würde. Stattdessen müsse man weiter die Städtische Wohnungsgesellschaft stärken, den öffentlichen Wohnungsbestand ausbauen.
Erstaunlicherweise kommen in Düsseldorf der Mieterbund und die Interessenvertretung der Hausbesitzer zu ganz ähnlichen Antworten auf die Frage: Was tun? „Enteignen ist natürlich keine Lösung“, sagt Haus und Grund-Vorstand Johann Werner Fliescher, das erinnert mich an den Sandkasten-Streit, wenn ein Kind dem anderen aus Wut die Schaufel klaut, am Ende ist aber doch nur eine Schaufel da“. Es sei zudem gar nicht gesagt, dass nach einem Rückkauf von Häusern in öffentliches Eigentum angesichts der Kosten die Mieten sinken. Stattdessen müssten die Planungs- und Bauprozesse deutlich entschlackt und beschleunigt werden, Fliescher nennt die großen Neubaubaugebiete wie das Glasmacherviertel und das Kasernengelände, wo seit vielen Jahren nichts voran gehe. „Bauen ist auch einfach zu teuer, allein die Baunebenkosten sind in Düsseldorf seit 2011 um 49 Prozent gestiegen.“
Auch Hans-Jochem Witzke hält Enteignungen in Düsseldorf für sinnlos. Und das Problem der explodierenden Baukosten beschreibt er aus Mietersicht: „70 Prozent der Düsseldorfer Haushalte können sich keine neu gebaute Wohnung leisten.“ Ein Vorschlag von ihm: „Die Grundrisse müssen wirtschaftlicher werden, eine Vier-Zimmer-Wohnung darf ruhig mal wieder kleiner als 100 Quadratmeter sein.“