Falsche Blitzer-Software: Stadt zieht Bußgelder zurück
Stadt räumt 292 Fälle auf der Fleher Brücke ein, Anwalt glaubt: Es sind viel mehr.
Düsseldorf. Riesenärger um die neuen Edel-Blitzer auf der Fleher Brücke: Immer wieder gibt es Zweifel an der Zuverlässigkeit der 100 000 Euro teuren Messgerätes „Poliscan“. Das führte quer durch die Republik dazu, dass Gerichte Bußgeldverfahren einstellten, obwohl die rote Blitze spuckenden Säulen zum Teil drastische Tempoüberschreitungen angezeigt hatten. „Auf der Fleher Brücke scheinen die Messungen in Serie fehlerbehaftet gewesen zu sein, in ganz vielen Fällen folgten unverzügliche Verfahrenseinstellungen, als wir uns eingeschaltet haben“, sagt der Wuppertaler Rechtsanwalt Tim Geißler.
Stimmt, gibt die Stadt Düsseldorf auf WZ-Nachfrage zu: 292 Verfahren habe man von sich aus eingestellt. Begründung: Zum 24. Juli habe es eine neue Software zur Datenauswertung gegeben, doch das Update habe die Stadt so spät erreicht, dass vom 24. Juli bis 19. August noch Fälle mit der alten Software bearbeitet und an die Fahrzeughalter verschickt worden seien.
Anwalt Geißler ist sicher, dass es in Wahrheit noch viel mehr Fälle gibt: „Auf der Brücke werden doch an einem Tag weit über 100 Autos geblitzt. Wir befürchten, dass die Stadt nur da zurückzieht, wo Anwälte aktiv werden, das wäre ein Skandal.“ Im Übrigen beträfen die Fälle in seiner Kanzlei (GKS Rechtsanwälte) keineswegs nur die genannten 26 Tage. „Sie liegen von Juni bis Oktober vor, und allein diese Woche bearbeiten wir wieder vier Altfälle auf der Fleher Brücke.“
Die Stadt betont, die Software, die die Messdaten auf ihre Plausibilität überprüft, sei von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zugelassen. Man habe nur die (292) Verfahren von den 26 Tagen im Sommer eingestellt, die nicht mit der neuen Software kompatibel gewesen seien. Und: Das Einlegen von Rechtsmitteln sei nicht erforderlich.
Tatsächlich aber kassierten bereits Gerichte (u.a. Aachen, Herford, Karlsruhe) durchaus auch Bußgeldverfahren, die auf der neuen Blitzer-Software fußten. Die Hauptgründe: fehlende Überprüfung der Tempomessung, keine nachträgliche Kontrolle möglich, unklare Zuordnung von Fahrzeugen. Geißler: „Sachverständige gehen davon aus, dass mehr als die Hälfte aller Tempomessungen Fehler aufweisen — ein Einspruch lohnt mithin immer.“