Rettung Feuer: Zwei Brüder verhindern Schlimmeres
Düsseldorf · Als es vergangene Woche in einem Haus an der Itterstraße in Holthausen brannte, zeigten zwei junge Bewohner Einsatz. Der Sachschaden ist hoch - doch verletzt wurde niemand.
Als Christopher Witt Montag vor einer Woche nachts aus dem Küchenfenster schaut, sieht er zuerst eine aufgeregte Frau am Fenster gegenüber und dann gespiegelt in der Fensterscheibe daneben: Flammen. Kurz zuvor hatte er einen Knall gehört und war aufgestanden. Statt sich dann nur selbst ins Freie zu retten, weckten er und sein Bruder die Nachbarn im Haus und nebenan – und verhinderten Schlimmeres.
Den Notruf hatte schon jemand aus dem Haus gegenüber gewählt. Der Dachstuhl des Hauses an der Itterstraße, in dem die Brüder mit ihren Eltern leben, stand in Flammen. Die Ursache für das Feuer ist bislang unklar, die Kriminalpolizei ermittelt. Der Einsatzleiter schätzte den entstandenen Schaden auf mindestens 120 000 Euro.
In der Nacht zu Dienstag hatte sich Christopher Witt gerade ins Bett gelegt. Er sei gegen halb eins nach Hause gekommen, habe in der Küche noch einen Schluck mit seiner Mutter getrunken und sei dann ins Bett gegangen. „Ich lag gerade mal fünf Minuten im Bett, als ich einen Knall gehört habe“, sagt der 22-Jährige. Da habe er schon gewusst, dass etwas nicht stimmt. Sein Bruder Domenic (17) habe in seinem Zimmer an der Konsole gespielt. Als er den Knall gehört hatte, habe er zuerst auf dem Balkon nachgesehen, ob dort etwas umgefallen sei. „In dem Moment, in dem Christopher in mein Zimmer kam, habe ich es aber schon gerochen“, sagt der Abiturient.
Der ältere Bruder sei in sein Zimmer gestürmt und habe gerufen: „Es brennt!“ Habe Hose, Schuhe, Jacke und Handy gepackt und sei durch das Treppenhaus gerannt, habe geklopft, gerufen, dass es brennt – sein jüngerer Bruder habe gleichzeitig von unten überall geklingelt. „Ich habe mich nicht weiter als bis zur dritten Etage getraut“, sagt Christopher Witt. Immerhin habe er nicht gewusst, wo genau das Feuer ausgebrochen war.
Die Hose hat sich Christopher erst auf der Straße angezogen
Ein Nachbar erinnert sich: „Ich habe mich gewundert, wer hier so an die Tür hämmert. Dann stand Christopher in Unterhose vor mir.“ Die Hose hatte er zwar mitgenommen, aber noch nicht angezogen. Nach und nach hätten die Nachbarn die Köpfe aus den Wohnungstüren gesteckt und sich, als sie verstanden haben, was los ist, nach draußen gerettet. Christopher und Domenic Witt machten dann bei den Nachbarhäusern weiter. „Ich wusste, dass die Dachstühle verbunden sind“, sagt der Ältere.
Als sechs Minuten nach dem Notruf die Feuerwehr eintraf, waren fast alle Bewohner schon auf der Straße und die Einsatzkräfte übernahmen. „Ich habe mir erstmal Hose und Schuhe angezogen“, sagt Christopher Witt und lacht. Domenic Witt sagt: „Da habe ich zum ersten Mal nach oben geschaut und erst wirklich verstanden, dass es brennt.“ Insgesamt 52 Personen mussten ihre Wohnungen verlassen. Verletzt wurde keiner.
Wie schnell sich das Feuer ausgebreitet hat, habe er von unten beobachten können, sagt Domenic Witt. Laut Feuerwehr mussten über Drehleitern Wasserwerfer von oben eingesetzt werden – ein Löschen von innen sei nicht möglich gewesen. Erst nach viereinhalb Stunden konnten die Feuerwehrleute abrücken. Die Bewohner verbrachten die ersten beiden Nächte nach dem Brand bei Freunden, Verwandten oder im Hotel. Mittlerweile konnten zumindest die, deren Wohnungen in der ersten und zweiten Etage liegen, wieder zurückkehren.
Im Treppenhaus riecht es noch immer leicht nach Rauch. Handwerker und Trockenbauer sind im Haus unterwegs. Bei Familie Witt muss nur eine Wand repariert werden, die Nachbarn weiter oben haben weniger Glück. Die Wohnungen sind durch den Wasserschaden teils unbewohnbar. Der Dachboden liegt in Schutt und Asche, das Loch im Dach wurde provisorisch mit einer Plane abgedeckt.
Ist schon Rauch im Hausflur, sollte man in der Wohnung bleiben
Die Nachbarn sind den Brüdern dankbar für ihren Einsatz – der Vater mächtig stolz auf seine Helden. „Die beiden haben sich vorbildlich verhalten“, sagt auch Feuerwehrsprecher Christopher Schuster. Auch wenn es in solchen Situationen immer wichtig sei, sich nicht selbst zu gefährden. Wenn – so wie in diesem Fall – das Treppenhaus noch nicht verraucht sei, sei es gut, wenn so viele wie möglich sich noch so nach draußen retten. Sei aber schon Rauch im Hausflur, sollte man lieber in der Wohnung bleiben, den Türschlitz mit nassen Handtüchern abdichten und sich an eines der Fenster zur Straßenseite stellen, damit die Einsatzkräfte einen bemerken. Als erstes müsse aber natürlich immer der Notruf gewählt werden.
Mit der Möglichkeit, dass es in ihrem Haus brennen könnte, haben sich die Brüder vorher nie beschäftigt. „Wir haben einfach reagiert, ohne lang zu überlegen.“ Er wolle nun wichtige Dokumente vorbereiten und eine Kopie bei Verwandten deponieren. „Das würde ich allen empfehlen – es kann so schnell gehen, dass alles Wichtige weg ist.“