Flamenco-Festival: Pure Energie

Auch nächstes Jahr gibt es hochkarätigen Tanz im Tanzhaus NRW.

Foto: Klaus Handner

Flamenco — bei dem Wort mögen sinnlich-feurige Bilder von stolzem energiegeladenem Tanz und Klänge kraftvoller Rhythmik in unserer Fantasie emporsteigen, sich zu einem idealisierten Bild andalusischer Kultur formen. Doch Flamenco ist mehr als so manches Postkartenklischee zu suggerieren vermag. Dies war bei dem diesjährigen Flamenco-Festival im Tanzhaus NRW mit Künstlerinnen und Künstlern wie Olga Pericet, Eduardo Guerrero oder dem in Bochum lebenden Flamencogitarristen Cris López erneut eindrucksvoll zu erleben.

Das sich — zu Recht — als „eines der größten zeitgenössischen Festivals des Flamenco-Tanzes außerhalb Spaniens“ verstehende Festival verwandelte Düsseldorf vom 23. März bis zum 2. April in ein Mekka aktueller Strömungen jener so vielfältigen Kunst. „Das Festival ist ja jedes Jahr anders“, erklärte Leiterin Dorothee Schackow und konnte uns schon verraten, dass auch nächstes Jahr — vom 12. bis 22. April — mit besonderen Entdeckungen aus der Szene zu rechnen ist. Rocío Molinas „Caída del Cielo“ etwa. „Das ist wirklich Avantgarde. Ein Stück, was ein großes Risiko eingeht; wo Rockmusik und Flamenco sich vermischen. Aber im Herzen Flamenco“, schwärmt Schackow und betont: „Was ich persönlich faszinierend finde an Flamenco: Er hat es geschafft, eben kein Museum zu bleiben. Er ist keine Folklore, die sich immer wieder wiederholt.“

Dieses Jahr, unter den Schlagwörtern „Modern, vielfältig, weiblich“, lag der Fokus ganz bewusst auch auf den Frauen im Flamenco. Neben insgesamt vier Bühnenkreationen, unter ihnen „A palo seco“ von Sara Cano und „Nocturno“ von Leonor Leal umrahmte das Festival auch ein extensives Rahmenprogramm und Workshopangebot. So ließ Leonor Leal in einem Lecture mit fesselnden Worten — simultan aus dem Spanischen übersetzt — an ihren Forschungen über den 2008 verstorbenen Flamencotänzer und Choreographen Mario Maya teilhaben. Mit Filmausschnitten und eignen Tanzbeispielen ergründete sie stilistische Merkmale seiner Kunst, ihre Ursprünge, Inspirationsquellen und beleuchtete auch den kulturgeschichtlichen Kontext. Der insbesondere nach der Franco Ära auch politisch zu deuten ist.

Weniger politisch, aber die Grenzen von Tanz in die Tiefen philosophischer Auseinandersetzung mit sich und der Welt ausweitend — in packend energetischen, teils pantomimischen Szenen —, zeigte sich Eduardo Guerreros Werk „Guerrero“ (ein Spiel mit seinem Namen und dem Spanischen Wort für „Krieger“). Seine virtuose Flamencokunst bettete der gefeierte Tänzer in eine emotional vielschichtige Performance, mit kraftvollen Gesten und tiefgründigen Andeutungen rund um den inneren und äußeren Kampf eines Mannes — umrahmt von drei Sängerinnen.