Reisevortrag Gegen den Krebs ansegeln
Düsseldorf · Marc Naumann geht mit kranken Jugendlichen segeln. Jetzt spricht er in Hamm über seine Erfahrungen, die Reisen und das Abenteuer.
„Fuck Cancer. Go Sailing.“ – steht in großen Buchstaben auf der Segelyacht „Magic“. „Darum geht’s einfach“, sagt Marc Naumann. Der 37-Jährige hat 2015 die Segelrebellen gegründet und sticht seitdem mehrfach im Jahr mit jungen Erwachsenen in See. Die Besonderheit: Alle Teilnehmer haben oder hatten Krebs oder eine andere lebensbedrohliche Krankheit.
„Wir sind kein schwimmendes Lazarett“, sagt Naumann. Jeder soll mit anpacken. „Wir führen mit jedem Bewerber ein Vorgespräch: Es wird kalt, es wird nass und die Meisten werden seekrank.“ Aber das stört die Teilnehmer nicht. Alle haben eins gemein: „Sie wollen nicht mehr in Watte gepackt werden“, weiß Naumann.
Der Segeltörn nach Kroatien verändert Marc Naumann
Naumann muss es wissen. Anfang 2010 wird bei ihm ein Gehirntumor diagnostiziert. Er ist 28 Jahre alt, steht kurz vor seinem juristischen Staatsexamen.
Der Tumor drückt auf das Gehirn. Die Hirnflüssigkeit kann nicht mehr ablaufen. Er muss bestrahlt werden. Drei Monate dauert die Therapie. Aber nach der erfolgreichen Behandlung fällt Naumann in ein Loch, wird depressiv. Der Körper ist erschöpft. Erst fallen die Haare in Büscheln aus, dann leidet er unter einem andauernden Erschöpfungszustand. Der Knoten platzt erst wieder, als Naumann zu einem Segeltörn nach Kroatien aufbricht.
Zwei Jahre später dann der Rückschlag: Der Tumor ist zurück. Wieder kurz vor dem Examen. Diesmal raten die Ärzte zu einer Chemotherapie. „Ich hatte wahnsinnige Angst vor den Therapiefolgen. Ich wollte die Chemo nicht machen, sondern einfach nur wegsegeln.“
Er segelt nicht weg, sondern entschließt sich zur Therapie. Nach sechs Monaten ist sie durchgestanden. „Mein Körper hat sich angefühlt wie beim Sterben“, erinnert sich der Segler.
Der Tod eines Freundes gibt den Ausschlag für die Segelrebellen
Naumann zieht es wieder aufs Meer. Er macht sich auf nach Cuxhaven. Weder seine Familie, noch seine Ärztin informiert er. Der Herbst 2012 ist stürmisch, das Wetter macht der Unternehmung fast einen Strich durch die Rechnung. Statt über den Atlantik segelt er drei Wochen auf der Nordsee. Trotzdem bezeichnet er den Trip im Nachhinein als „die schönsten Wochen meiner Seglerkarriere“.
Mit neuer Kraft kehrt er zurück in den Alltag und beendet sein Staatsexamen. Aber am Tag der letzten Klausur stirbt ein guter Freund an Krebs. An diesem Tag beschließt Naumann die Segelrebellen zu gründen.
„Was mir geholfen hat, soll auch anderen helfen“, sagt er. Naumann will ein „Guthaben an Erlebnissen anhäufen.“ „Ich hatte so viel Zeit in mein Studium investiert, aber dabei den Moment vergessen“, sagt er.
Im März 2015 beginnt dann die erste Reise der Segelrebellen: Der Törn geht von Marseille nach Mallorca. Mit sechs Teilnehmern segelt er los. „Der Verlauf war wie eine Krebskrankheit, nur im positiven Sinne.“ Die Segelreise ging im Sturm los, in den ersten Tagen wurden fast alle Teilnehmer seekrank, dann wurde das Wetter besser und am Ende kam die Yacht bei Sonnenschein und von Delfinen begleitet auf Mallorca an.
Segelrebellen ist eine gemeinnützige Unternehmergesellschaft, die sich durch Spenden und Sponsoring finanziert. Jeder Teilnehmer zahlt 25 Euro pro Tag, plus Anreise und Verpflegung. Interessierte können sich über die Webseite bewerben. „Die Teilnehmer müssen motiviert sein und bereit sein etwas an ihrer Situation zu ändern“, sagt Naumann, „Das ist kein Urlaubstörn. Es gibt auf den Reisen auch unangenehme Momente, wenn es stürmt oder geputzt werden muss.“
Seit Anfang des Jahres ist Marc Neumann in Deutschland auf Vortragsreise. Er erzählt auch von seiner Erkrankung, aber ein Segeltörn aus dem vergangenen Jahr steht im Mittelpunkt des Reiseberichts. „Ein Abenteuerbericht zieht einfach mehr Zuhörer als Krebs.“
Am Freitagabend erzählt Marc Naumann von den Segelrebellen bei Mr. Wash in Düsseldorf-Hamm. Völklinger Straße 48. Beginn 20 Uhr. Der Eintritt ist frei.