Geldstrafe für den Tod eines 104-Jährigen
Eine Altenpflegerin verschwand vor dem Urteil spurlos. Gericht kritisiert im Urteil den Arzt.
Höchst ungewöhnlich endete gestern der Prozess um den Tod eines 104-Jährigen vor dem Landgericht. Als der Vorsitzende Richter Rainer Drees das Urteil verkündete, war ein Platz auf der Anklagebank leer. Eine 51-jährige Altenpflegerin ist spurlos verschwunden und konnte auch von der Polizei nicht ausfindig gemacht werden. Darum wurde der Prozess in Abwesenheit der Frau beendet.
Der Fall hatte überregional für Aufsehen gesorgt. Der Senior war in einem Oberbilker Seniorenheim verstorben, nachdem die beiden Altenpflegerinnen ihm eine Überdosis Morphium gespritzt hatten. Weil die 35 und 51 Jahre alten Frauen keinen Notarzt gerufen hatten, lautete die Anklage der Staatsanwaltschaft zunächst auf „Mord durch Unterlassen“. Doch im Laufe des Verfahrens stellte sich heraus, dass der 104-Jährige ohnehin gestorben wäre. Darum wurden die Pflegerinnen am Ende nur wegen fahrlässiger Tötung verurteilt.
Eine Mitverantwortung gab das Gericht dem zuständigen Arzt, der das Morphium-Medikament verordnet hatte. Dessen Anweisungen seien unklar und schwer umzusetzen gewesen, stellte das Gericht fest. Damit war die 51-Jährige offenbar überfordert und hatte Milligramm und Milliliter verwechselt. Sie rief dann die jüngere Kollegin zu Hilfe. Die setzte die Spritze, ohne sich noch einmal zu vergewissern, dass alles seine Richtigkeit hat.
Warum die 51-Jährige zur Urteilsverkündung nicht erschien, blieb ein Rätsel. Ihr Arbeitgeber hatte die Frau bereits am Dienstag als vermisst gemeldet, weil sie nicht zum Dienst erschienen war. Als die Polizei zur Wohnung der Altenpflegerin fuhr, war sie verschwunden. Im Laufe des Tages wurde zwar der Pkw der Angeklagten entdeckt, von der Frau fehlte aber jede Spur. Sie wurde zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt.
Ihre Ex-Kollegin kam mit einer noch milderen Strafe davon. Sie wurde zunächst nur verwarnt. Unter Vorbehalt verhängte das Gericht auch gegen die 35-Jährige eine Geldstrafe von 6000 Euro. Die muss die gelernte Krankenschwester aber nur zahlen, wenn sie innerhalb des nächsten Jahres straffällig wird. Sie war durch die Aussage der 51-Jährigen schwer belastet worden.