Gericht: Bieter-Schlacht um Grundstück mit Rheinblick

Der Saal 101 des Amtsgerichts platzt bei der Zwangsversteigerung eines Himmelgeister Grundstücks fast aus den Nähten.

Düsseldorf. Schnäppchen-Stimmung im Amtsgericht: Rund 120 Menschen warten vor dem Saal 101 auf die Eröffnung der Zwangsversteigerung eines Grundstücks mit Rheinblick in Himmelgeist.

Der für die Versteigerung zuständige Rechtspfleger ist völlig überrascht, als sich die 120 in den Gerichtssaal quetschen - viele müssen stehen, andere setzen sich auf die Fensterbänke oder auf den Boden. Die Luft wird stickig.

"Hätte ich mit einem solchen Ansturm gerechnet, hätte ich den Schwurgerichtssaal gebucht", ruft der Rechtspfleger. Es geht um rund 1300 Quadratmeter Bauland in der Nähe des Deichs. Die Eigentümerin hat Schulden, ihre Gläubiger haben die Zwangsversteigerung beim Amtsgericht beantragt, um an das Geld zu kommen.

Doch wer glaubt, 1300 Quadratmeter mit Rheinblick für einen Euro ergattern zu können, irrt. Wer bietet, muss eine Sicherheit leisten - bei einem geschätzten Verkehrswert von 320000Euro sind es 32000 Euro.

Es gibt Grenzen nach unten, erklärt der Rechtspfleger: "Ich werde keinen Zuschlag erteilen, wenn das letzte Gebot unter 165000 Euro liegt, das ist die Hälfte des Verkehrswerts. Die Vertreter der Gläubiger können außerdem bei einem Höchstgebot von unter 224000 Euro den Zuschlag verweigern."

Um 9.49 Uhr eröffnet der Rechtspfleger die Versteigerung. Die Bieter stehen Schlange, um in der ersten Runde zunächst ihre schriftlichen Gebote abzugeben. Dafür haben sie eine halbe Stunde Zeit. Ein junges Paar - er Mediengestalter, sie Lehrerin - bietet nicht mit: "Wir wollen sehen, wie Zwangsversteigerungen ablaufen. Denn wir suchen ein Grundstück im Düsseldorfer Süden."

Ebenfalls eher aus Neugier als aus Geschäftsinteresse ist ein Mann aus Neuss dabei: "Das ist meine erste Versteigerung. Ich will wissen, für wie viel Geld das Grundstück weggeht." Ein Hamburger hingegen hat geboten und sogar schon ganz konkrete Pläne mit dem Objekt. Er möchte sich auf dem Areal am Rhein eine Ferienwohnung bauen.

Gegen 10.19 Uhr verstummen die Gespräche. Nervöse Blicke auf die Uhren. Der Rechtspfleger verkündet, wer am meisten geboten hat: Meistbietender mit 605000 Euro ist ein Arzt.

Ab jetzt wird per Handzeichen geboten. Schon hebt einer von zwei finanzkräftigen Brüdern die Hand und bietet 606000 Euro, ein junger Mann im Poloshirt erhöht auf 610000, wird wiederum von den Brüdern um 1000 Euro überboten. "665000!", ruft der Arzt. Ein Handwerksfunktionär erhöht auf 670 000Euro. Die Brüder steigen aus, die anderen bieten weiter. 690000 vom Arzt, der vom Poloshirt-Träger mit 720000 überboten wird.

"Was heute hier passiert, ist nicht normal", erklärt der Rechtspfleger den restlichen Anwesenden. "Wir sind zwar kein Outlet-Center. Aber in der Regel bekommen Sie hier schon Sachen billiger." Mit Blick auf die hohen Gebote sagt er: "Heute würde ich mir wünschen, auf Provisionsbasis zu arbeiten."

Inzwischen bieten nur noch der Poloshirt-Träger und der Arzt. Um 10.29Uhr bekommt der Arzt unter dem Applaus der Zuschauer den Zuschlag. Sein letztes Gebot lag bei 805000 Euro. Die Menschen strömen aus dem stickigen Saal, auch der Mediengestalter und die Lehrerin. "Das war nicht unsere erste Versteigerung. Wir wissen, dass so etwas auch völlig unspektakulär ablaufen kann", sagt sie.

Amtsgerichtssprecher Stefan Coners bestätigt: "Das ist ein außergewöhnlicher Verlauf. In dieser Form kommen Versteigerungen bei uns nur selten vor." Von dem heißen Bieterwettstreit profitiert vor allem die Ex-Eigentümerin des Geländes: Nach Abzug der Gerichtskosten und der ausstehenden Schulden bekommt sie das restliche Geld. In diesem Fall ist das noch gute eine halbe Million Euro.