Hafen: Coup und Kompromiss
Das überraschende Aus für die Wohnpläne auf der Kesselstraße verdankt sich auch einem Coup. Der Vertrag für die Fortin-Mühle wurde vorzeitig bis 2070 verlängert.
Düsseldorf. Zu großen Geschichten gehören überraschende Wendepunkte. Im jahrelangen Streit zwischen Hafenfirmen und Stadtspitze sorgte Oberbürgermeister Dirk Elbers für einen solchen: In der Septembersitzung des Stadtrates erklärte er eher beiläufig, dass die Stadt an der Kesselstraße keine Wohnpläne mehr verfolge.
Die Hafenbetriebe, vor allem die Mühlen, sollen sich entwickeln können. Das bedeutet: 500 Wohnungen quasi nebenbei abgehakt. Man wolle nur noch an der Speditionstraße, so Elbers, Wohnen ermöglichen. Potenzial dort: 200 Wohnungen, die meisten in den 63 Meter hohen Zwillingstürmen.
Was kaum jemand der Ratsleute wusste: Elbers’ Kehrtwende hatte auch mit einem Coup der Neuss-Düsseldorfer Häfen (NDH) zu tun. Sie hatten ein Jahr zuvor den Erbpachtvertrag von Ernst Lamers, Chef des Hafenvereins und der Fortin-Mühlen an der Fringsstraße, vorzeitig verlängert. Der lief bis 2032, und nun — 22 Jahre vor Ablauf (!) — wurde er für 60 Jahre verlängert. Klare Sache: Da wurde ein Pflock eingeschlagen gegen die Planungspolitik der Landeshauptstadt.
Als Elbers und Planungsdezernent Gregor Bonin (beide CDU) davon in einer Runde mit der Hafenwirtschaft erfuhren, „sind denen die Kinnladen runtergefallen“, wie ein Teilnehmer der Sitzung sagt. Erstaunlich: Düsseldorfs Planungsausschussvorsitzender Alexander Fils (CDU), der im NDH-Aufsichtsrat sitzt, hatte im Juni 2010 dem Vorstand ebenfalls empfohlen, den Vertrag mit Fortin zu verlängern.
Fils sieht darin kein Problem. „Wir haben den Firmen immer gesagt, dass sie nicht verdrängt werden sollen.“ Und NDH-Geschäftsführer Rainer Schäfer betont, dass die Mühlen sehr wichtig seien und man Lamers, der eine Millioneninvestition plante, ein Signal habe geben wollen. Kein Wunder, dass jetzt die anderen Mühlen nachdrängen.
Deuka und Muskator sitzen an der Weizenmühlenstraße, dort muss die Stadt ihr Plazet geben. Deuka-Chef Ulrich Arning hat bereits beantragt, den 2034 auslaufenden Vertrag zu verlängern.
Elbers und seine politische Juniorpartnerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) sind über die Nacht-und-Nebel-Aktion der NDH noch verschnupft. „Was man uns vorwirft, haben die Häfen selbst getan“, sagt die Bürgermeisterin. Und Elbers findet, „dass ein vernünftiges Miteinander anders aussieht“. Dennoch sind beide Seiten bemüht, jetzt eine Vereinbarung zu formulieren, welche die Existenz der Mühlen sichert und Wohnen an der Speditionstraße ermöglicht.
Planungsdezernent Gregor Bonin will den Kompromiss mit der Hafenwirtschaft „so schnell wie möglich“.
Ernst Lamers ist einigungsbereit, erklärt aber: „Wir benötigen Betriebssicherheit. Das müssen die Anwälte in den Verhandlungen sicherstellen.“ Lärm und Staub dürften nicht zum Problem werden, ein Messpunkt auf der Speditionstraße ist für Lamers ein K.o.-Kriterium.
Ihm dürfte allerdings ebenfalls bewusst sein, dass bei anstehenden Investitionen die Schutzvorrichtungen miteingebaut werden können — und wie Experten im Rathaus meinen, auch müssen. So oder so: Die Zeichen stehen auf Frieden. Arning betont: „Wir sind nicht auf Krawall gebürstet.“ Und Elbers möchte mit den Betrieben überlegen, was nun an der Kesselstraße möglich ist. „Vielleicht macht die Stadt ja einen Wettbewerb.“