"Happy Slapping": Fahrgast bewusstlos getreten und gefilmt

Täter griff unvermittelt an und nahm die Szene mit dem Handy auf. „Happy Slapping“ heißt der Trend im Internet.

Wie bei diesem gestellten Foto wird die Prügelattacke gefilmt und danach ins Netz gestellt.

Düsseldorf. Benno P. war im Juni vergangenen Jahres auf dem Heimweg von der Arbeit. In der Straßenbahn plauderte der Straßenbauer mit einem Kollegen, der ihm gegenüber saß. Plötzlich kam von hinten ein Unbekannter auf ihn zu, eine Kapuze ins Gesicht gezogen, der ein Handy in der Hand hatte und offenbar filmte. Völlig unvermittelt trat der Mann ihn mit voller Wucht vor den Kopf, der 53-Jährige wurde sofort bewusstlos. Wegen schwerer Körperverletzung musste sich ein 21-Jähriger jetzt vor dem Landgericht verantworten.

Im Internet sind inzwischen viele Videos zu sehen, die brutale Angriffe auf völlig unbeteiligte Personen zeigen. „Happy Slapping“ nennt sich das Phänomen, das inzwischen offenbar auch Deutschland erreicht hat. Gewalttäter stellen Videos ihrer Attacken ins Netz, um sich damit zu brüsten. So weit ist es offenbar im Fall von Benno P. nicht gekommen. Allerdings hat der Täter den Film einem ehemaligen Klassenkameraden gezeigt. Das Opfer selbst konnte wenig zu dem Angriff sagen.

Sein 59-jähriger Arbeitskollege hatte den Angriff beobachtet, der völlig unvermittelt erfolgte: „Ich habe sein Gesicht nicht erkennen können, aber er hatte das Handy in der Hand.“ Der Mann sei völlig schockiert gewesen, als der Unbekannte plötzlich zutrat. „Ich habe noch gerufen: Benno, Benno, was ist los?“, erklärte der Straßenbauer. Der Täter sei Sekunden später an der Haltestelle aus der Bahn gesprungen.

Das Opfer trug eine schwere Gehirnerschütterung und ein Schleudertrauma davon. Vier Monate war Benno P. krankgeschrieben. Für eine überraschende Wendung in dem Prozess sorgte ein 23-jähriger Student. Der hatte ebenfalls in der Straßenbahn gesessen. Er gab an, sich mit einem ehemaligen Klassenkameraden unterhalten zu haben, der „ziemlich wirres Zeug erzählte. Dann habe ich mich verabschiedet und bin ausgestiegen.“

Kurz danach habe er einen Knall gehört und der frühere Mitschüler sei hinter ihm hergekommen. Der habe ihm dann sofort das Handy-Video gezeigt, auf dem der Tritt gegen den Kopf zu sehen war. Allerdings: Bei dem Ex-Klassenkameraden handelte es sich nicht um den Angeklagten, sondern um dessen Bruder, der ein Jahr älter ist: „Die beiden sehen sich zum Verwechseln ähnlich. Ich kann sie nicht auseinanderhalten.“

Das führte dazu, dass der 21-Jährige für das „Happy Slapping“ freigesprochen wurde. Da er auch noch zehn Schwarzfahrten und eine lange Vorstrafenliste angesammelt hatte, wurde er trotzdem zu einer Haftstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt. Nun allerdings muss sein älterer Bruder damit rechnen, bald auf der Anklagebank zu sitzen.