Düsseldorf Hassels-Nord: Erste Bewohner klagen gegen Mieterhöhung
Derweil breitet sich bis in die Landespolitik Sorge über hohen Leerstand im Viertel aus.
Düsseldorf. Die saftigen Mieterhöhungen in den modernisierten Häusern entlang der Potsdamer Straße in Hassels-Nord werden bald ein Fall für die Gerichte. Mehrere Mieter, die den Baumaßnahmen und den damit verbundenen höheren Kosten wegen wirtschaftlicher Härte widersprochen hatten, klagen jetzt gegen die neuen Mieten. Viele andere Menschen haben dem Viertel offenbar bereits den Rücken gekehrt: Leerstand breitet sich aus.
Zahlreiche Bewohner an der Fürstenberger und Potsdamer Straße hatten im Vorfeld den Einwand wegen wirtschaftlicher Härte mit Hilfe des Mietervereins formuliert. An letzterer sind die Maßnahmen inzwischen abgeschlossen, sind die Häuser jetzt anständig gedämmt und schön bunt — die neuen Rechnungen flatterten ins Haus. Trotz des Einwands. „Der Vermieter akzeptiert diesen nicht“, erklärt Uwe Warnecke vom Mieterverein. Deshalb zögen jetzt die ersten Bewohner vor Gericht. Darunter etwa ein alleinerziehender Vater mit kleinen Zwillingen. „Das hat unserer Auffassung nach durchaus Aussicht auf Erfolg“, so Warnecke. Der Vermieter müsste die Erhöhung der Miete dann zurücknehmen.
In Hassels-Nord aber herrscht noch immer alles andere als normales Leben. An der Fürstenberger Straße ist die Modernisierung jetzt fast abgeschlossen. „Wir warten auf die nächsten Mieterhöhungen“, sagt Barbara Dully vom Ernst-Lange-Haus der Diakonie — für September oder Oktober rechnet sie damit. Ihr macht aber auch Sorgen, dass sich die Wohnhäuser an der Potsdamer Straße merklich geleert haben. „Man sieht es, wenn man die Straße entlanggeht. Auch an den Klingelschildern ohne Namen.“ Im Internet bietet die Verwaltung zahlreiche Wohnungen in jeder Größe an. Doch wie hoch der Leerstand wirklich ist, dazu schweigt man sich aus. Dully: „Wir haben versucht, Zahlen zu bekommen — aber ohne Erfolg.“ Warnecke indes geht von teilweise mehr als 20 Prozent aus.
Auch Presseanfragen bei der Hausverwaltung IWG bleiben ohne Erfolg. Genauso Nachfragen der SPD-Landtagsabgeordneten Walburga Benninghaus, die sich vor Ort stark engagiert. Letztlich sei die Modernisierung aufgrund der deftigen Mieten für das Viertel „kontraproduktiv“, glaubt sie. „Viele Selbstzahler, deren Miete nicht von Transferleistungen übernommen wird, ziehen aus. Sie wollen zum Teil kein Wohngeld beantragen. Und das sind ja Mieter, die dort lange leben.“ Gleichzeitig klappe es mit dem Zuzug ganz offensichtlich nicht wie geplant — weil kaum jemand gewillt ist, fast zehn Euro pro Quadratmeter für eine Wohnung in Hassels auszugeben. „Für mich ist das noch immer ein Skandal“, sagt Benninghaus. „Alle im Viertel sind in Angst und Schrecken.“
Bei vielen Beziehern von Sozialleistungen steht inzwischen fest, dass Jobcenter oder Grundsicherung die neue Miete nicht zahlen können. Trotzdem wollen manche nicht wegziehen. Die Mutter einer Tochter etwa hat jetzt einer 38 Quadratmeter großen Tauschwohnung im Viertel zugestimmt, obwohl ihr 65 Quadratmeter zustünden — nur eben nicht zu diesen Preisen. Sie will in der Nähe der Schule bleiben. Viele müssen aber auch in anderen Stadtteilen auf die Suche gehen. Wenn sie ein halbes Jahr nichts gefunden haben, wird die höhere Miete vorerst übernommen.
Die Stadt kann wenig ausrichten, denn die erhöhte Miete ist rechtlich in Ordnung. „Dass wir das nicht gut finden, ist klar“, sagt Michael Bergmann vom Amt für Kommunikation. Man habe immerhin entschieden, die Gemeinwesenarbeit vor Ort um eine Stelle aufzustocken, um gezielt auch noch die Menschen anzusprechen, die bislang noch keinen Kontakt zum Jobcenter gesucht haben.
Barbara Dully, die schon viele Jahre in Hassels-Nord arbeitet, hofft weiterhin darauf, dass jetzt mehr Menschen mit höherem Einkommen in das Viertel ziehen, in dem bislang die Hälfte auf staatliche Hilfen angewiesen ist. „Vielleicht verändert sich die Bewohnerstruktur dadurch etwas“, sagt sie.