Pflegefamilien Heike bietet Kindern seit 19 Jahren Familie auf Zeit
Düsseldorf · Die Arbeiterwohlfahrt sucht nach Bereitschaftsfamilien, die Kindern einen sanften Übergang in ein geregeltes Leben bieten können.
Eigentlich wollte die 56-jährige Heike A. an einem netten Frühlingstag im Juni letzten Jahres nur mit ihrer Tochter in Geschäften bummeln gehen, als sie einen Anruf bekam. Sie machte sich direkt auf den Weg in die Uni-Klinken, um den damals acht Wochen alten Säugling Lisa (Name geändert) abzuholen und ihn bis heute als vorübergehenden Teil der Familie aufzunehmen.
Heike A. ist eine Bereitschaftspflegemutter und mit ihrem Mann sind sie eine von rund 20 sogenannten Kinderschutzfamilien der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Düsseldorf und Umgebung. Diese sollen Kindern von null bis sechs Jahren, deren Eltern sie vernachlässigen, überfordert sind oder Gewalt ausüben, für eine gewisse Zeit übernehmen. Bis das Jugendamt eine langfristige Lösung findet, vergehen meistens ein bis zwei Jahre. In dieser Zeit werden die Kinder von den Bereitschaftspflegefamilien nicht nur versorgt, sondern bekommen auch emotionale Nähe und Fürsorge, die ihnen von den Eltern oft verwehrt blieb.
Emotionale Nähe und Professionelle Distanz gefordert
Unter der Obhut von Heike hat sich Lisa zu einem neugierigen und verschmusten Mädchen entwickelt, der man ihre emotionale Last kaum noch anmerkt. Sie ist fasziniert vom Blitz der Kamera und erforscht das Spielzeug in der Awo-Kindertagesstätte, ist etwas klein für ihr Alter, aber ansonsten keineswegs unterentwickelt. Obwohl Heike schon seit 19 Jahren Kinder wie Lisa übernimmt, fällt der nahende Abschied immer schwer. Die zweifache Mutter erzählt, wie belastend es für sich selbst, aber auch für die Familie ist, wenn ein Kind wie das eigene aufgezogen wird, dann aber abgegeben werden muss: „Als meine Kinder noch kleiner waren, musste ich ihnen natürlich erklären, warum sich ihr Geschwisterkind verabschieden muss.“ Für sich selbst versucht sie immer, eine professionelle Distanz zu schaffen, darf den Kindern die elterliche emotionale Nähe aber auch nicht vorenthalten. Eine paradox anmutende Herausforderung, für die sie nach all den Jahren immer noch kein Patentrezept gefunden hat. Man dürfe auch nicht mit den Eltern, die ihre Kinder ein Mal in der Woche in der Awo-Kindertagesstätte besuchen können, in Konkurrenz treten. Deswegen versucht sie, den Kinder immer zu erklären, dass sie ihre „Mama“ ja in der Kita sehen würden, sie sei ja nur die „Heike“.
Sie hat die Aufgabe übernommen, als ihre Kinder ins Schulalter kamen und sie langsam wieder eine Berufsstelle gesucht hat. Als Bereitschaftspflegemutter konnte sie ihre Kompetenzen als gelernte Pädagogin auch zu Hause anwenden. Von der Aufwandsentschädigung abhängig machen dürfe man sich aber nicht, erklärt Fachberaterin Petra Meiers: „Man darf nicht aus finanzieller Not Aufgaben übernehmen, die einen überfordern.“ Das würde dem Kind, aber auch der Familie nur schaden. Bei den teilweise sehr pflegebedürftigen Kindern, die teilweise noch nie Struktur im Leben hatten und Vernachlässigung und Hunger gewohnt sind, ist die Aufgabe auch oft ein 24-Stunden-Job, der nur mit einer stabilen Familie und einer positiven Grundeinstellung gegenüber Kindern zu bewältigen ist.
Da einige Familien demnächst aus Altersgründen ausscheiden, sucht die Awo nach neuen Kinderschutzfamilien. Zwar sind nicht immer alle Familien ausgelastet, doch bei dieser anstrengenden und verantwortungsvollen Aufgabe, ist es wichtig, den Familien Regenerationspausen zu bieten. Wer bereits Erziehungserfahrung hat und sich dieser Aufgabe gewachsen fühlt, kann sich während der Bürozeiten wochentags von 9 Uhr bis 16.30 telefonisch unter folgender Nummer melden: 0211/60025281