Initiative: Baumrecht vor Baurecht
Immer mehr Bäume fallen Baumaßnahmen zum Opfer. Gefordert wird mehr Transparenz.
Düsseldorf. Noch stehen sie, die rund 40 Bäume am Jürgensplatz und die 17 Bäume an der Johanneskirche. Doch ihr vorhersehbares Schicksal bringt die Mitglieder der Düsseldorfer Baumschützgruppe auf die sprichwörtliche Palme. Die Bäume an der Johanneskirche sollen für den Bau einer Tiefgarage gefällt werden (siehe unten), die am Jürgensplatz sollen, wie berichtet, Containern Platz machen, in die die Polizisten bis zum Ende der Sanierungsarbeiten beim Polizeipräsidium einziehen werden.
Diese beiden Baumaßnahmen sind aber kein Einzelfall. Ursula Kämmerling von der Baumschutzgruppe hat die aktuellen Bezirksvertretungssitzungen durchforstet und ist auf 250 Bäume gestoßen, die diversen Baumaßnahmen weichen sollen. Auf dem Gelände der Landesklinik an der Bergischen Landstraße in Ludenberg sind es 38 Bäume, die dem Neubau der Kinderpsychiatrie im Wege stehen. Und auf dem Gelände der Universitätskliniken protestierten jüngst Patienten und Mitarbeiter, weil eine alte Platane einem Parkplatz weichen musste.
Auch in Heerdt sollen auf dem Gelände des Dominikus-Krankenhauses 45 Bäume gefällt werden und an der Heinrichstraße im Mörsenbroich 26 Bäume. Die Bauanträge folgen stets dem gleichen Schema: Erst werden die positiven Auswirkungen (beziehungsweise die Notwendigkeit) der Baumaßnahmen beschrieben, dann geht es um die Zahl der Stellplätze und am Ende um die Zahl der gefällten Bäume. Steter Nachsatz: „Ersatzpflanzungen werden mit dem Garten-, Friedhofs- und Forstamt abgestimmt.“
„Allein das Prozedere ist eine Missachtung der Natur“, wettert die Vorsitzende der Baumschutzgruppe, Andrea Vogelgesang. „Ein Baum, der Jahrzehnte zum Wachsen braucht, wird immer mehr zu einem Produkt unserer Wegwerfgesellschaft“, sagt sie. Gemeinsam mit Umweltverbänden fordert sie in einem „Grünen Brief“ an Oberbürgermeister Dirk Elbers und Umweltdezernentin Helga Stulgies ein transparenteres Verfahren bei Baumfällungen. Die wichtigsten Punkte sind eine frühzeitige Veröffentlichung der Maßnahmen vor Ort samt einer Bürgerbeteiligung sowie ein „Baumrecht vor Baurecht“.
Dass übrigens Bauanträge in den Bezirksgremien nicht automatisch durchgewunken werden, beweist ein Bauprojekt an der Cimbernstraße. Dort wurden die aus den 1950er Jahren stammenden Häuser zwar abgerissen, die mächtigen Platanen vor den Häusern nach dem Protest der Bezirksvertreter aber von einer Spezialfirma ausgegraben und während der Baumaßnahmen auf dem Hintergelände zwischengelagert. Bis zu einem Stammumfang von 150 Zentimetern sei das möglich, erklärt ein Mitarbeiter der Firma Opitz. Kosten: Je nach Baumgröße 200 bis 2000 Euro. Bei größeren Bäumen werde es teurer.
Beim Gartenamt ist man von dieser Methode nicht begeistert. Wenn solche Rettungsmaßnahmen gelingen sollten, müssten sie langfristig vorbereitet werden, hieß es dort. Deshalb ist dort die Strategie: Retten, was noch zu retten ist — und ansonsten den Fällmaßnahmen zähneknirschend zustimmen. Viel wichtiger sei eine saubere Planung, die schon in der Anfangsphase die vorhandenen Bäume vor Ort im Blick hat.