Interview mit Peter Ehler, Chef des Müllentsorgers Awista
Peter Ehler ist seit 100 Tagen Chef der Awista — und wehrt sich gegen Vorwürfe, sein Unternehmen wäre nicht günstig genug.
Herr Ehler, Sie haben die ersten hundert Tage im neuen Amt rum - wie war der Start?
Peter Ehler: Wirklich gut. Ich habe mittlerweile in viele Bereiche des Unternehmens reingeguckt und glaube, dass die Awista im Ganzen gut aufgestellt ist.
Sie sind seit 2008 auch Geschäftsführer beim Schwesterunternehmen Remondis Rhein Wupper. Wie kommen Sie mit der Doppelbelastung zurecht?
Ehler: Die spüre ich schon. Aber ich habe ja auch Aufgaben abgegeben. Bevor ich dieses neue Amt übernommen habe, war ich auch Geschäftsführer bei Awista Logistik, diese Aufgabe habe ich jetzt nicht mehr.
Die Awista Logistik ist die Tochter für Sammlung und Transport von Abfällen aus Haushaltungen im Kreis Mettmann und in Wuppertal, Solingen und Remscheid, während sich die Remondis Rhein Wupper gezielt um Gewerbeabfälle kümmert. Warum gibt es so viele verschiedene Einzelunternehmen?
Ehler: Der Vorteil ist eine Reduzierung der Komplexität mit einer klaren Fokussierung auf das jeweilige Kerngeschäft. Und die ist Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg. Die Erfahrung zeigt, dass die Anpassungsfähigkeit kleiner Unternehmen an die Anforderungen des Marktes größer ist. Das merke ich schon beim Vergleich von Awista zu Remondis Rhein Wupper: Bei der Awista gibt es — auch bedingt aus der Historie — umfangreichere Randbedingungen und Anforderungen, die Einfluss auf die Geschäftsprozesse nehmen. Vorbereitung und Umsetzung von Veränderungen laufen langsamer ab.
Was sind Ihre größten Baustellen?
Ehler: Es geht um kontinuierliche Verbesserungen; es ist jetzt nicht so, dass wir einen Berg von Problemen vor uns hätten. Eine Herausforderung, die wir gemeistert haben, ist, dem Versuch großer Unternehmen, in unserem Vertriebsgebiet in der Entsorgungsbranche — zum Teil mit Dumpingpreisen — Fuß zu fassen, Paroli geboten zu haben. Denn die haben nun den Rückzug angetreten, weil es sich für sie auf Dauer offensichtlich nicht gerechnet hat. So konnten wir verloren gegangene Aufträge zurückgewinnen.
Aber Sie bekommen Gegenwind von Haus und Grund. Der Verband behauptet, die Mitarbeiterzahl der Awista sei in neun Jahren um 182 gesunken — bei mehr Arbeit. Man sieht das als Indiz dafür, dass die Gebühren niedriger sein müssten. Stimmt das?
Ehler: Nein. Ein Teil des Geschäftes wurde an unsere Tochter Awista Logistik ausgelagert, dort haben wir mittlerweile 130 Mitarbeiter. Natürlich gibt es auch durch einen höheren Grad an Technisierung den einen oder anderen Arbeitsplatz nicht mehr. Zudem haben wir Rückgänge in unserem Auftragsvolumen.
Ein weiterer Vorwurf ist, dass die Gebühren für die Straßenreinigung hier höher ausfallen als etwa in Dortmund.
Ehler: Aber dafür haben wir auch höhere Reinigungsqualitätsstandards zu erfüllen. Im Unterschied zu Entsorgungsunternehmen der privaten Entsorgungswirtschaft haben wir darüber hinaus ungleich höhere Sozialstandards. So unterliegen wir etwa dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst. Wir zahlen Erschwernis- und Leistungszulagen. Die sozialen Leistungen und Einrichtungen für unsere Mitarbeiter sind auf einem hohen Niveau, so fördern wir unter anderem aktiv die Gesundheitsvorsorge unserer Mitarbeiter. Das alles gibt es so nicht überall — auch nicht unsere maschinelle Ausstattung.
Sie machen also keine großen Gewinne auf Kosten der Gebührenzahler?
Ehler: 2007 haben Gutachter genau überprüft, welche Preise die Awista für ihre Dienstleistungen nehmen darf. Da ist alles in Ordnung. Sie dürfen auch nicht vergessen, dass wir dem öffentlichen Preisrecht unterliegen. Das bedeutet, dass wir bei allen Leistungen, die letztlich über Gebühren abgerechnet werden, nur einen Gewinn von maximal drei Prozent auf unsere eigenen Leistungen und ein Prozent auf Leistungen, die wir von Externen beziehen, kalkulieren dürfen.
Wenn alles in Ordnung ist, weshalb legen Sie das Gutachten nicht offen, so wie es Haus und Grund einklagt?
Ehler: Die Awista ist 2005 und 2006 komplett durchleuchtet worden für dieses Gutachten. Es gibt darin auch ein dezidiertes Leistungsverzeichnis sowie unsere Kalkulationen. Das sind originäre Geschäftsgeheimnisse. Würde man Daimler fragen, was eine A-Klasse kostet, würde auch niemand erwarten, dass die detaillierte Kostenkalkulation offen gelegt wird.
Immer wieder gibt es Beschwerden, dass Straßen nicht so oft gereinigt würden wie vereinbart. Stimmt das?
Ehler: Nein, wir haben ein gutes Beschwerdemanagement und führen exakt Buch. Die Beschwerderate liegt unter ein Prozent der Gesamtleistung. Das ist gering. Was wir tun, wird in unseren Kehrbüchern dokumentiert. Die Behauptung, dass unsere Dokumentation falsch wäre, wurde gerichtlich zurückgewiesen. Übrigens macht ja auch die Stadt stichprobenartige Kontrollen. Und wir selbst lassen die Reviere durch eigene Mitarbeiter kontrollieren. Über die Ergebnisse tauschen wir uns ständig mit dem Umweltamt aus.
Woher kommen die Gebührenunterschiede? Der Bund der Steuerzahler hat eine Beispielrechnung angestellt, wonach eine vierköpfige Musterfamilie bei wöchentlicher Abholung in Krefeld 430 Euro für die Müllabfuhr bezahlt, in Düsseldorf aber 514. Wie geht das zusammen?
Ehler: Zunächst möchte ich klarstellen, dass die Ausgestaltung und Festsetzung von Gebühren originäre Aufgabe der Stadt und nicht der Awista ist. Aber auch uns ist bekannt, dass da Äpfel mit Birnen verglichen werden. Der Hintergrund ist dieser: Wir stellen der Stadt für exakt definierte Leistungen unsere Kosten in Rechnung. Die gehen in den Gebührenhaushalt ein — zusammen mit anderen Positionen. Es kommt ja darauf an, welche Leistungen über Gebühren abgerechnet werden, etwa die Kosten für die Recyclinghöfe, die Papiertonne, das Schadstoffmobil, die Biotonne, um nur einige zu nennen. All das kann man über die allgemeinen Müllgebühren abrechnen — oder gesondert. Deshalb ist so ein einfacher Vergleich nicht aussagekräftig. Das gilt ähnlich für die Straßenreinigung. Wir haben verschiedene Qualitätsstufen: grobe Reinigung, normale, intensive — oder besonders intensive wie in der Altstadt, was auch mehr kostet.
Unterschiedlich ist auch, was die Müllverbrennung, die von der Awista-Mutter Stadtwerke betrieben wird, Kunden in Rechnung stellt. Sie reichen Kosten von 208 Euro je Tonne an die Stadt respektive den Gebührenzahler durch, Firmen müssen zum Teil unter 100 Euro zahlen. Ist das fair?
Ehler: Die Vertragskonditionen sind aus meiner Sicht für die Stadt ausgewogen und unterliegen keinem Preisrisiko. Denn durch Müllvermeidung und Recycling hat sich die Abfallmenge der Bürger stark verringert. Da der Betrieb der Anlage durch die hohen Kapitalkosten bestimmt wird, wirkt sich weniger Menge nur untergeordnet auf die Kosten aus. Insofern müssten die Preise steigen. Stattdessen gibt es — anders als in anderen Städten — eine Art Preisdeckel. Wir haben das unternehmerische Risiko und puffern das ab. Die freien Kapazitäten vermarkten wir selbst. In den vergangenen Jahren haben wir durch langfristige Lieferverträge viel Sicherheit für die Auslastung erreichen können.
Haus und Grund fordert, die Stadt solle den Vertrag mit der Awista nachverhandeln.
Ehler: Das geht nicht. Wozu hat man denn Verträge? Wir haben aber auch keine Signale von der Stadt, dass das gewünscht wäre.
Ist Düsseldorf denn eine saubere Stadt?
Ehler: Mein Eindruck ist — und den teilen einige mit mir —, dass Düsseldorf sauberer ist als viele andere Städte.