Düsseldorf Ist Inklusion an Schulen gelungen?
Seit zwei Jahren haben Kinder mit Förderbedarf das Recht, Regelschulen zu besuchen. Dabei gibt es immer noch Stolpersteine.
Düsseldorf. Alle Schüler haben seit über zwei Jahren offiziell das Recht, eine Regelschule zu besuchen. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie eine Beeinträchtigung mitbringen, also ob sie blind sind oder im Rollstuhl sitzen oder eine geistige Behinderung haben. Ob das an Düsseldorfer Schulen bislang gut gelingt, wird derzeit viel diskutiert. Vor allem Kinder, die von der Regelschule auf eine Förderschule wechseln, haben es schwer.
Dieses Schuljahr besuchen 453 Kinder, die eine spezielle Förderung brauchen, eine Grundschule in der Stadt. Die Zahlen steigen, 2014 waren es noch 341. Die Bezirksregierung spricht von einer gelungenen Umsetzung. „Bislang haben wir aus dem Grundschulbereich keine Rückmeldungen zu Problemen erhalten“, sagt eine Sprecherin.
Peter Zerfaß relativiert den Eindruck. Er ist Schulleiter der Alfred-Herrhausen-Schule, einer Förderschule mit den Schwerpunkten Lernen sowie emotionale und soziale Entwicklung. „Ob Inklusion an den Regelschulen sinnvoll ist und gelingt, hängt immer vom einzelnen Kind ab.“ Fatal sei es, wenn Schüler scheitern. Dieses Jahr kommen 30 Schüler von der Regelschule auf seine Schule. „Die gilt es, gut aufzufangen — sie müssen verarbeiten, dass sie es nicht geschafft haben.“
Die Gründe dafür seien vielfältig. „Wichtig ist, in enger Zusammenarbeit mit Kitas und Eltern vorab zu klären, wo das Kind am besten aufgehoben ist“, sagt er. Allgemein sieht er einen großen Mangel an ausgebildeten Lehrkräften, an Sonderpädagogen. „Von 20 ausgeschriebenen Stellen konnten letztens nur zwei besetzt werden.“ An den Regelschulen sei der Fachkräftemangel noch stärker.
Von einem Scheitern zu sprechen, dagegen wehren sich derzeit über 20 Elternvereine für inklusive Bildung in Nordrhein-Westfalen. Sie wenden sich in einem offenen Brief gegen Aussagen von Armin Laschet (CDU) und Christian Lindner (FDP), die an vielen Stellen Probleme sehen und die aktuelle Umsetzung der Inklusion scharf kritisieren.
Heike Götz von „Gemeinsam Leben und Lernen Düsseldorf“ findet, dass so Stimmung gegen Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf gemacht wird. Sie fordert auch eine Verbesserung an manchen Stellen. Ihrer Ansicht nach läuft die Inklusion an vielen Schulen in Düsseldorf aber sehr gut. „Das hängt noch nicht mal von der Zahl der Lehrkräfte oder der Klassengröße ab — meine Erfahrung ist, dass das Klima an der Schule darüber entscheidet, ob Inklusion gelingt.“ Die Motivation der Schulleitung, die die Lehrer beeinflusse, spiele dabei eine besondere Rolle. Ebenso wie die Chemie zwischen Lehrer und Schüler. „Es müssen alle an einem Strang ziehen, dann gibt es auch Lösungen.“
Im April plant sie eine Veranstaltung, bei der gelungene Beispiele vorgestellt werden. Wie es klappen kann, das erlebe sie mit ihren eigenen Kindern — eines mit Hochbegabung, das andere mit Trisomie 21. „Ich verstehe, dass Lehrer heute schnell überlastet sind. Aber man kann sich ja intensiv austauschen — beispielsweise beim Unterrichtsstoff“, sagt sie. Zentral seien auf die Fähigkeiten der Schüler ausgerichtete unterschiedlich schwierige Aufgaben zu einem gemeinsamen Thema.
Als besonders gelungene Beispiele für Inklusion nennt Götz unter anderem die Astrid-Lindgren-Grundschule und die Montessori-Grundschule : „Wenn alle so arbeiten, brauchen wir schon jetzt keine Förderschulen mehr — und können die Sonderpädagogen in den Regelschulen einsetzen.“
Die „Elternschaft Düsseldorfer Schulen“ bekennt sich zur Weiterentwicklung der Inklusion: „Um gute Qualität langfristig zu erreichen und zu gewährleisten, benötigen die Schulen vor allem eine Fortbildung der Lehrer sowie den Aus- und Umbau der Schulen .“ Zudem müsse es unabhängige Beratungsstellen für Eltern und für Lehrer geben.