Japan-Tag Sie leben ihre japanischen Träume am Rhein
Düsseldorf · Porträts Friseur, Designer, DJ – Kazunori Yoda hat viele Talente, in seinem Salon an der Stresemannstraße kombiniert er sie. Yurie Takagi betreibt an der Immermannstraße den ältesten japanischen Buchladen und erzählt, wie er sich in 40 Jahren verändert hat. Zwei Geschichten mitten aus Düsseldorf.
Der Mann, der mehr ist als Friseur
„New York war mir nach drei Jahren zu viel.“ Zu viel Arbeit, zu viel Stress und zu teuer war es auch, erinnert sich Kazunori Yoda. Der japanische Friseur strich also kurzerhand die Segel im Big Apple und zog nach Düsseldorf. Im Friseursalon Maruo auf der Stresemannstraße wurde noch ein Friseur gesucht. Also hat sich Yoda kurzerhand beworben und den Job bekommen. Das war 2012. Seitdem arbeitet er hier und seit Februar hat der 39-Jährige auch seinen eigenen Salon. In einer Drei-Zimmer-Altbauwohnung über dem Salon von Maruo, wo er immer noch arbeitet.
Aber Yodas Räume sind mehr als ein klassischer Friseursalon. Die Zimmer sind schlicht und ruhig eingerichtet. Alle Möbel stammen von Katsuhito Nishikawa. Dem japanische Künstler, der an der Kunstakademie studiert und auch die Möbel auf der Insel Hombroich gestaltet hat. Yoda zeigt fünf Kunst- und Design-Ausstellungen im Jahr in seinen Räumen. Als nächstes sind Arbeiten von Bauhaus-Künstler Josef Albers an der Stresemannstraße zu sehen. „Es hing auch schon eine Zeichnung von Alberto Giacometti an meiner Wand“, erzählt er nicht ganz ohne Stolz.
Und weil das dem Japaner noch nicht genug ist, designt Yoda auch seine eigene Arbeitskleidung. Schürzen und Hemden mit einfachen, klaren Schnitten sind in seiner Kollektion. Alle Stücke sind unisex, aber auch alltagstauglich. Yoda hatte auch schon Großaufträge für Köche und Floristen. Produzieren lässt er seine Stücke in kleinen Fabriken in seiner japanischen Heimatregion Fukui und in Deutschland. Er selber trägt bei der Arbeit nur seine eigene Kleidung.
Wieso eigentlich Düsseldorf? Die Entscheidung für die NRW-Landeshauptstadt fiel dem Japaner nicht schwer. Klar, die japanische Community war ein ausschlaggebender Punkt für die Landeshauptstadt. „Ich liebe aber auch deutsche Kunst, deutsche Musik und die Kultur. In Düsseldorf gibt es die Kunstakademie und eine tolle Musikszene“, erklärt Yoda.
Musik ist eine weitere Leidenschaft von Yoda. Was liegt da näher als eine Kooperation? Zuletzt hat er mit dem noch jungen Düsseldorfer Plattenlabel „Tal“ zusammengearbeitet. Die Debut-EP von „Hinosch“, einer Kollaboration von Koshiro Hino aus Osaka und Stefan Schneider aus Düsseldorf, erschien in einem Beutel, den Yoda exklusiv für die erste Auflage gestaltet hat. Yoda hat auch selber als DJ aufgelegt. „Jetzt habe ich aber keine Zeit mehr dafür.“ Seit zehn Monaten ist der Japaner Vater. „Düsseldorf ist super. Hier bekommen wir beide Kulturen mit. Nur einen Kindergartenplatz findet man nicht so leicht.“
Am Japan-Tag hat Yoda alle Hände voll zu tun. „Es kommen viele Freunde aus der ganzen Welt zu Besuch nach Düsseldorf, die wollen dann bei mir die Haare geschnitten bekommen. Aber am Abend schaue ich mir natürlich das Feuerwerk an.“
Japanische Kultur auf 100 Quadratmetern
„Seit 15 bis 20 Jahren laufen Mangas sehr gut“, erzählt Yurie Takagi. Das ist nicht zu übersehen: Die japanischen Comics sind sehr präsent in ihrem Geschäft: Schlüsselanhänger, Malbücher und kleine Figuren der Manga-Charaktere gibt es hier. Auch Yurie Takagi gibt es als Mangafigur. Mit rosa Hemd und Buch in der Hand lächelt die Comicversion der Buchhändlerin von Flyern und Plakaten.
Schon lange bevor die Mangas in Deutschland populär geworden sind, war die Buchhandlung Takagi in Düsseldorf eine Institution. Längst nicht nur Japaner suchen den japanischen Buchladen an der Immermannstraße auf. „Das Publikum ist sehr gemischt“, erzählt Yurie Takagi. Das liegt nicht zuletzt am umfangreichen Angebot. „Wir verkaufen auch deutsche Übersetzungen von japanischen Büchern“, erzählt sie, „viele Kunden, die Japanisch lernen und Schulbücher oder Literatur in leichter Sprache suchen, kommen zu uns. Kochbücher sind auch immer sehr beliebt. Auch schon früher, als meine Eltern den Laden noch hatten.“
Ihre Eltern sind aus Japan zum Arbeiten nach Deutschland gekommen. „Anfang der 70er Jahre wurde mein Vater von Hamburg nach Düsseldorf versetzt“, erzählt die 53-jährige Buchhändlerin. Kurz darauf – 1974 – hat er die erste japanische Buchhandlung in Europa gegründet.
„Die Japaner dürstete es damals nach japanischer Literatur“, erzählt Yurie Takagi, „ein Geschäftspartner meines Vaters wollte unbedingt den aktuellen Bestseller von Yamasaki Toyoko lesen.“ Das war der Startschuss für Takagi Books. Weil ihr Vater schon seit den 60er Jahren japanische Tageszeitungen in Deutschland vertrieben hatte, weitete er sein Angebot aus, mietete das Ladenlokal an der Immermannstraße und importierte nun auch Bücher für die japanische Gemeinde.
„Es gab ja noch kein Internet und man war auf Printmedien angewiesen“, erinnert sich Takagi, die den Laden seit ihrer Kindheit miterlebte. „Damals wurden die Zeitungen noch per Luftpost geschickt, heute werden sie abends per Satellit geschickt und in Europa gedruckt. Da gibt es dann auch die aktuelle Zeitung hier zu kaufen“, erinnert sie sich.
Damals gab es hauptsächlich Zeitschriften, Zeitungen und Bücher an der Immermannstraße 31. Aber auch Schulbedarf. „Die japanische Schule gibt es ja seit 1971 in Düsseldorf, da gab es auch viel Bedarf.“
Ab 1994 wuchs der Laden dann weiter. „Wir hatten einen Durchbruch nach Hinten und fast 500 Quadratmeter Verkaufsfläche.“ 2004 war dann zunächst Schluss. Yurie Takagis Eltern haben das alte Geschäft verkauft. „Ich habe mich dann 2005 mit meinem Partner auf der Marienstraße mit einer eigenen Buchhandlung selbstständig gemacht.“
Als die Beiden dann 2015 die Möglichkeit bekamen, das alte Ladenlokal an der Immermannstraße zu übernehmen, zögerten sie nicht lange. Der Laden ist jetzt etwas kleiner. 100 Quadratmeter sind pickepackevoll mit allem, was die japanische Kultur an Druckerzeugnissen zu bieten hat.