Düsseldorf Klinken putzen für Kita-Plätze

Trotz des Kita Ausbaus für unter Dreijährige gibt es immer noch viele Eltern, die auf einen Platz warten. Ein kompliziertes Online-System erschwert die Suche.

Foto: Uwe Zucchi/dpa

Düsseldorf. Es gab Tage, da dachte sie, es nicht zu schaffen. Tage, an denen Nadine Riemer (35) von ihrem Arbeitsplatz zur Kita, zur Tagesmutter und wieder nach Hause hetzt. Nadine Riemer ist nur eine von rund 1500 Frauen, die für ihre unter-d reijährigen Kinder keinen Betreuungsplatz bekommen hat.

Dabei hatte alles so gut begonnen, erinnert sich die 35-Jährige. Linus, mittlerweile drei, war gerade mal ein Jahr alt, als ihn seine Mutter über den Kita-Navigator im Internet anmeldet.

Dass es nicht so leicht sein soll, einen Platz zu bekommen, hat Nadine Riemer schon gehört. „Deshalb habe ich Linus schon mit einem Jahr auf die Liste gesetzt — aber erst fürs nächste Jahr einen gesucht“, erklärt sie. Zunächst nur für 22 — die hatte sich die junge Mutter vorher alle im Internet angeschaut und gut gefunden. Einen Platz hat sie trotzdem nicht bekommen.

Ein Jahr später meldet sie sich wieder über den Kita-Navigator an; dieses Mal schon mit einem mulmigeren Gefühl im Bauch - bald musste sie wieder in den Beruf einsteigen. „Ich brauchte den Platz unbedingt“, erinnert sie sich. Aus 22 guten Kitas wurden 50, aus den einzeln ausgewählten Konzepten wurden alle möglichen Konzepte. Ein Monat vergeht, ohne dass Nadine Riemer von einer Kita etwas gehört hatte. „Also habe ich mal nachgehorcht.“ Zunächst nur bei einer Kita, dann bei mehreren — ohne Erfolg. Sie müsse sich gedulden, hieß es immer wieder.

Ihr mulmiges Gefühl wächst schnell zu Bauchschmerzen, die sie nicht mehr los ließen. Bei einem Spielplatzbesuch mit ihrer Tochter macht sie ihrer Wut bei anderen Müttern Luft — und bemerkt, dass sie mit dem Problem nicht allein dasteht. „Ich habe Horrorgeschichten von Müttern gehört, dass die Kitas Strichlisten führen, wie oft wer anruft“, sagt sie. Also sucht sie sich Informationen zu den Kitas raus: Wann ist das nächste Sommerfest? Wann der nächste Tag der offenen Tür?

Die nächsten Wochen verbringt die junge Düsseldorferin mit Besuchen in Einrichtungen, mit Gesprächen auf Sommerfesten und Tage-der-offenen-Türen. „Gespräche, bei denen man ausgefragt wurde“, erinnert sie sich. „Warum mein Mann nicht dabei ist, ob ich Zeit hätte, mich zu engagieren und so weiter. Das kann doch nicht sein.“

Mittlerweile ist die 35-Jährige aus Düsseldorf nach Moers gezogen - wegen der Kita-Plätze. „Es gibt zwar noch die Möglichkeit einer Tagesmutter, aber die sind natürlich erheblich teurer — bei zwei Kindern ist das nicht so einfach zu stemmen“, sagt sie.

Schuld daran sind für sie nicht die Kitas — das komplizierte System ist das Problem. Denn seit ein paar Jahren läuft die Suche zentral über den sogenannten Kita-Navigator, bei dem sich die suchende Mutter bei den einzelnen Kitas bewerben kann. Die Folge: Viele Mütter bewerben sich nicht bei fünf, sondern bei dreißig Kitas. „Die bekommt dann vielleicht dreißig Zusagen“, erklärt sie.

Erst, wenn sie sich entschieden hat, rücken andere nach — ein langwieriger Prozess, der schnell zur psychischen Belastung wird. „Man ist dort einfach erst einmal nur eine Zahl“, klagt sie. „Auf das Konzept braucht man gar nicht mehr zu schauen — Klinkenputzen ist angesagt.“