Düsseldorf Was Laufsteg und Bordell gemeinsam haben

Ein Berliner Performance-Kollektiv zeigt, was Sex-Gewerbe und Heidi Klums Topmodel-Show verbindet - morgen und Samstag im FFT.

Foto: Michaelis

Düsseldorf. Zehn Staffeln hat Heidi Klums Castingshow „Germanys Next Topmodel“ schon auf dem Buckel. Die Quoten, vor allem beim jungen Publikum, sind nach wie vor gut, die Kritik aber fast immer vernichtend. Die vier Frauen der Berliner Performance-Gruppe „Henrike Iglesias“ zeigen in ihrem Stück „I can be your hero“, was Topmodel-Anwärterinnen und Prostituierte gemeinsam haben. Erstaunlich viel, finden die Künstlerinnen.

Eine bloße Anklage auf die Model-Show soll ihr Stück aber nicht sein — vielmehr eine Auseinandersetzung mit dem weiblichen Körper als Ware. Und der Frage, wo die Grenze zwischen Freiwilligkeit und Zwang liegt. Ob man überhaupt von Freiwilligkeit sprechen kann.

Ein halbes Jahr haben die Frauen zahlreiche Interviews geführt, auf denen das Stück basiert. Mit Wissenschaftlern, Sozialarbeitern und Frauen aus dem Sex-Gewerbe gesprochen. „Überrascht hat mich, wie selbstbewusst viele Sexarbeiterinnen waren“, sagt Dramaturgin Laura Naumann. Kollegin Marielle Schavan hat auch andere Erfahrungen gemacht. „Ich habe Frauen getroffen, die konnten weder Deutsch noch Englisch. Die wirkten hilflos. Da wurde mir bewusst, wie unterschiedlich diese Branche sein kann. Es ist unmöglich, alle Frauen über einen Kamm zu scheren“, sagt die gebürtige Düsseldorferin. „Leider machen das die Medien aber oft.“

Auch der Blickwinkel einer ehemaligen Kandidaten der Pro Sieben-Show wurde im Stück verarbeitet. „Sie ist kein klassisches Casting-Opfer, hatte die Mechanismen schnell durchschaut. Dass Dinge, die dort vor sich gehen, dem Zuschauer als Realität verkauft werden — obwohl sie das überhaupt nicht sind“, erklärt Laura Naumann. „Trotzdem geht es uns nicht darum, die Show zu verteufeln. Oder die Menschen, die sie gucken. Aber wenn Besucher nach unserem Stück die Sendung mit anderen Augen anschauen, das fänden wir gut.“

Die Wahl-Berlinerin hat vergangenes Jahr den Autorenwettbewerb des Düsseldorfer Schauspielhauses gewonnen, gilt als eine der interessantesten jungen Dramaturginnen des Landes. „Was meine Arbeit für mich selbst interessant macht, ist die Mischung aus Schreiben und auf der Bühne stehen. Normalerweise verkaufst du als Autorin dein Stück an einen Verlag. Irgendwann später gehst du zur Premiere ins Theater, kennst keinen und guckst dir an, was daraus gemacht wurde - überspitzt formuliert.“ Durch die Arbeit im Performance-Kollektiv, 2012 an der Uni Hildesheim gegründet, habe sie die Möglichkeit, „näher dran“ am Theater zu sein.

Laura Naumann und ihre drei Mitstreiterinnen knöpfen sich gerne Stoffe aus der Popkultur und Phänomene der Massenmedien vor. „Weil das ein wichtiger Teil unser aller Leben ist. Und uns viel mehr beeinflusst, als wir oft wahrhaben wollen.“

„I Can Be Your Hero“ von Henrike Iglesias wird morgen um 20 Uhr und Samstag um 21 Uhr gezeigt im FFT Juta, Kasernenstraße 6. Tickets im VVK 15 Euro (erm. 8 Euro) unter 87 67 87 18 oder online