Düsseldorf Artistik mit Gespür für Poesie
Die Kompanie von „Les 7 doigts de la main“ hat das Düsseldorf Festival mit zauberhaftem Abend eröffnet.
Düsseldorf. Auf jedem Fest, das zu Hause gefeiert wird, kann man es erleben: Die ganze Welt vermag in einer Küche zu stecken. Dort, wo das Essen zubereitet, nicht wo es serviert wird, kommen die Wahrheiten auf den Tisch. Wo etwas überkochen und wo gekleckert werden darf. In dieser Fundgrube von Geschichten tummeln sich auch die Artisten der kanadischen Formation „Les 7 doigts de la main“ (Die sieben Finger einer Hand). Vor 13 Jahren haben sieben ehemalige Künstler des Cirque du Soleil die Kompanie gegründet und touren seither mit ihren Shows und einem mittlerweile verjüngten Ensemble über den Globus. „Cuisine et Confessions“ (Küche und Bekenntnisse) heißt das neue Programm, das am Mittwochabend beim Düsseldorf Festival Deutschlandpremiere hatte und feinsinnig spektakuläre Akrobatik inszeniert.
In einem atemberaubenden Tempo schrauben sich die jungen Artisten durch die Luft, Meist ohne Hilfsmittel, manchmal mit Tüchern, so duftig, dass man kaum glauben mag, dass sie Halt verleihen. Sidney Iking Bateman schlägt seine Salti in jede erdenkliche Richtung, zweifach, dreifach, und landet elegant auf den Fußsohlen seines Partners. Dann zwinkert er ins Publikum, als wollte er sagen: Das Beste kommt noch. Was keinen Deut übertrieben ist, denn die Künstler halten das hohe Niveau während der gesamten eineinhalb Stunden.
Totenstill ist es im Saal, als Matias Plaul an einer Stange kopfüber hinabsaust und erst wenige Zentimeter vor dem Boden abstoppt. Gerade hat er von der Ermordung seines politisch engagierten Vaters erzählt: Was dieser wohl in seinen letzten Stunden habe essen wollen, habe er sich gefragt. Ja, auch Henkersmahlzeiten werden in einer Küche zubereitet. Solche melancholischen Momente fügen sich ganz unaufdringlich ein in das Arrangement aus Poesie Witz und Virtuosität, das von einem heiteren Grundton getragen wird. Obendrein wird das Publikum charmant miteinbezogen und erhält am Ende des Abends zur Belohnung köstliches Bananenbrot, das während der Show gebacken wird. Schöner kann der Auftakt zu einem Festival kaum sein, das der Kunst des Neuen Zirkus’ huldigt. Ein durchweg zauberhafter Abend.