Düsseldorfer Schauspielhaus Die Magie Mephistos verpufft

Regisseur Schulte-Michels erzählt im Schauspielhaus aus dem Leben von Gustaf Gründgens und zeigt einen harmlosen Pakt mit der Macht.

Foto: Sebastian Hoppe

Düsseldorf. Das Publikum jubelt ihm zu. Moritz Führmann ist einer der beliebtesten Schauspieler in Düsseldorf. Als Hochstapler Felix Krull hat er in rekordverdächtigen 50 Vorstellungen ziemlich oft für ein volles Haus gesorgt. Er spielte den Schneider Wibbel in überzeugender Mundart und bekennt sich leidenschaftlich zu Düsseldorf als seiner Heimatstadt. An diesem Abend steht Führmann also als Hendrik Höfgen auf der Bühne. Höfgen, der ja eigentlich Gustaf Gründgens ist.

Auch so einer, der in Düsseldorf die Theaterzuschauer mit seiner Kunst verführen und begeistern konnte. So hat es seinen Reiz, dass Regisseur Thomas Schulte-Michels in seiner Bühnenfassung des Romans „Mephisto“ von Klaus Mann diese Rolle Führmann überlässt. Doch nur selten kann der die Untiefen dieser schillernden Persönlichkeit ausloten.

In der knapp zwei Stunden dauernden Nacherzählung des Aufstiegs Gründgens vom Provinz-Schauspieler zum Intendanten des Preußischen Staatstheaters unter den Nazis muss er ihn schablonenhaft vorführen, seine rücksichtslosen Eitelkeiten, hypochondrischen Anfälle und sexuellen Vorlieben.

Eine Aneinanderreihung kurzer Szenen ist das, die in chronologischer Ordnung den Lebensweg von 1923 bis 1934 nachzeichnen. Und immer wieder das gleiche Bild: Der rote Vorhang öffnet sich an der hinteren Bühnenwand, Höfgen verneigt sich, man hört das Publikum jubeln, die Zuschauer sehen ihn von hinten. Was einen beim ersten Mal noch recht originell hinter die Kulissen versetzt, verliert spätestens bei der zweiten, dritten oder vierten Wiederholung seine Wirkung.

Dazu liefern die Schauspielerkollegen Höfgens Kommentare wie „manchmal glaubt er, was er sagt“ oder „er ist eine relativ unauffällige Figur, im Bühnenlicht aber unwiderstehlich“. In der Vergangenheitsform ordnen diese Conférenciers sein Verhalten ein: Höfgen heiratete die, umschmeichelte jene, verriet den und entzog sich diesem. Rechts und links stehen ihre Garderobentischchen, die Schauspieler treten in ihren Rollen kurz in die Mitte und kehren an ihren Platz zurück. Die Gleichförmigkeit entbehrt jeder Spannung.

Hinter den Namen der Auftretenden verbergen sich Persönlichkeiten wie Thomas Mann und seine Tochter Erika, Emmy Göring oder Max Reinhardt. Um diese historischen Figuren geht es Schulte-Michels in seiner Inszenierung indes nicht. Er will Gründgens als jemanden zeigen, der sich entschieden hat für den Pakt mit der Macht. Als Prinzip.

Der Regisseur schickt Führmann vorne an die Rampe und lässt ihn aufsagen: „Was verlangen Sie denn von mir? Soll ich den Niagarafall mit einem Regenschirm aufhalten?“ Was im Roman einen scheinbaren Einblick in eine innere Welt gewährt, in die Art, wie dieser faszinierende Gründgens, der in seiner Rolle als Mephisto Theatergeschichte geschrieben hat, seinen Erfolg unter den Nazis rechtfertigte und dabei über Leichen ging, verliert so seine Kraft.

Nur in wenigen Momenten, wenn Führmann und seine Kollegen ins Spiel kommen, verbreitet sich die Magie des Theaters. So zeigen die wenigen Auftritte Führmanns in der Rolle des Mephisto, wie verführerisch diese Kunst sein kann.