Bewegungkunst für die neue Spaßgesellschaft
Bewegungkunst für die neue Spaßgesellschaft
Düsseldorf. Früher standen die Mueumsgäste in der Kunstsammlung ehrfürchtig vor dem großen Gemälde von Jackson Pollock, das der US-amerikanische Aktionsmaler stehend und liegend gemalt und gekleckert hatte. Doch jetzt, in der Ausstellung „Move“, sind sie nur Auge und Ohr für die lustig kreischende Gesellschaft an den Turnringen und Holzbrettern. Sofern sie überhaupt einen Blick auf das Gemälde an der Wand werfen, tun sie es nicht in kontemplativer Haltung, sondern schaukelnd und wippend.
Der Besuch am Grabbeplatz fördert nicht mehr das Eingehen auf ein bestimmtes Kunstwerk, sondern er macht die Kunst zum Spaß- und Körperkult. „Ich habe das Bild von unten gesehen“, erklärt eine Mutter, die sich in einer Position gefällt, als wolle sie gleich einen Überschlag üben.
Dass diese Werke einst eine Revolte gegen die traditionelle Museumskunst waren, erscheint kaum registriert zu werden. Auf die Frage an die trimmende Besucherin Andrea Armbrüster auf dem Performance-Brett von Robert Morris, wie sie die Objekte an den Wänden beurteile, kommt die entwaffnende Antwort: „Ich muss mich auf meinen Körper konzentrieren. Das Spiel mit der Balance ist schwerer, als man denkt. Es zieht meine Bauchmuskeln enorm zusammen.“ Und Matthias Hille, der gerade in Simone Fortis Seilen gehangen hat, meint: „Beim Schaukeln fällt der Blick doch irgendwann auch auf das Bild von Pollock.“
Die „Kunst der Bewegung“, wie sich „Move“ nennt, gilt in erster Linie der eigenen körperlichen Befindlichkeit. Wer hat denn nach dem abwechslungsreichen Schaukeln, Wippen und Hopsen noch den Mut, sich durch den schmalen „Grünen Licht-Korridor“ von Bruce Nauman zu zwängen? Auch der darf betreten werden, wird es aber nicht. Kaum jemand würdigt ihn eines Blickes, denn Beklemmungsgefühle will diese Spaßgesellschaft nicht ausprobieren. Und in den Amerika-Saal des ersten Stockwerks verirrt sich niemand.