Düsseldorf Computerspiele: Festival erreicht das nächste Level

Im NRW-Forum dreht sich bis Sonntag alles um Computerspiele. Erwachsene und Kinder können sich digital und analog ausprobieren.

Der französische Künstler Jéremie Cortial hat einen interaktiven Flipper entwickelt.

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. „Die Spiele sind eröffnet“, erklärt Alain Bieber staatstragend — und führt zu einem Flipperautomaten. Um den Hals trägt der Leiter des NRW-Forums einen Gang-Schal mit dem Schriftzug „ENIAROF“ — wie auch die französischen Künstler, die im Erdgeschoss an zehn Stationen ziemlich witzige Spiele zusammengezimmert haben. Die Flipper-Hindernisse für die Kugel etwa malt Jéremie Cortial mit bunten Stiften auf ein Papier, drückt einen dicken Scan-Button und hat seinen selbst gestalteten Automaten. Games 4.0 stellt man sich eigentlich technisch ausgefallener vor.

Schauspielerin Johanna Kolberg kommuniziert in ihrer „Solaris“-Rolle als Astronaut Harey Kowalski mit Besuchern per Funk.

Foto: Sergej Lepke

Beim Games-Festival Next Level 2016 geht es erstaunlich handfest zu: Klassiker wie Donkey Kong oder Pong gibt’s hier analog als Umgebung auf dem Boden, an den Wänden und in kleinen Räumen zum leibhaftigen Durchspielen. Bei Minecraft werden die Landschaften mit Pappschachteln nachgebaut. Das Hin und Her zwischen analoger und digitaler Welt steht an vielen Stationen im Mittelpunkt. Auf der oberen Etage am Ehrenhof wird man mit Hilfe von VR-Brillen und taktilen Reizen in virtuelle Umgebungen versetzt. Die Sinne werden gereizt und verwirrt, dass man im eigenen Kopf eine neue Wirklichkeit entdeckt.

Beim Headbanging steuern die Spieler mit der Heftigkeit ihres Kopfschüttelns die Lautstärke. Wenn die Perückenhaare fliegen, wird es also ziemlich laut. Bei einem Shooter-Spiel ballert man mit einem Regenschirm auf einem Bildschirm, der wahrscheinlich in den 1970er Jahren zu den High-End-Geräten zählte.

Noch bis Sonntag bietet Next Level Erlebbares in Spielen, aber auch jede Menge Erfahrbares im Rahmen von Vorträgen und Diskussionen. Ins Leben gerufen wurde das Festival, das bis zu diesem Jahr als Next Level Conference firmierte, vom NRW Kultursekretariat. Zunächst fand es drei Jahre in Köln statt, es folgten drei weitere in Dortmund. Nun ist Düsseldorf die Station für Gaming und dessen Schnittstellen zu Kunst, Kultur und Wirtschaft.

Christian Esch, Direktor des NRW Kultursekretariats, ist begeistert vom NRW-Forum. „Der Erlebnischarakter ist deutlich gestiegen“, erklärt er das diesjährige Festival. Sogar eine Kinderdisco haben die Veranstalter im Programm. Zudem eine Raumfahrer-Performance von Absolventen der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin. Sie haben ein Stück entwickelt, in dem die Besucher sich in einem realen Computerspiel wiederfinden. Nach Motiven aus „Solaris“ von Stanislav Lem machen sie sich auf zu einer Rettungsmission im All.

Gesteuert werden sie in einem große Kugelzelt, das die Raumstation darstellt, über Nachrichten auf Monitoren und durch Lautsprecher. Sie entwickeln Strategien und begeben sich in moralische Zwangslagen. „Uns interessiert besonders, wie das Digitale im Performativen und Theatralischen wirksam werden kann“, erklärt Esch. Das direkte Erleben im Theater und das digitale Erfahren ermöglichen neue Erzählweisen, meint er. Die Angst einiger Theaterleute vor dem Digitalen möchte er auf diesem Weg überwinden. Und eine Zahl spricht ohnehin für sich: Ein Drittel aller Menschen in Deutschland spielt digital — in fast allen Altersklassen.