Sopranistin Anke Krabbe Die Töchter verbieten ihr das Singen

Die Sopranistin Anke Krabbe glänzt seit Jahren in vielen Rollen an der Rheinoper. Von ihren zwei Töchtern werden ihre Auftritte dagegen weniger geschätzt.

Düsseldorf. Ihr Urteil fällt hart aus. „Du singst das ganz falsch“, erklärt die Tochter, wenn Anke Krabbe als Disneys Eiskönigin Elsa die Stimme erhebt. Dabei zählt die Sängerin mit ihrem strahlenden Sopran seit fast 15 Jahren zu den herausragenden Interpretinnen der Rheinoper. Allein in der laufenden Spielzeit übernimmt Krabbe sieben Partien — von Pamina in der „Zauberflöte“ über Micaëla aus „Carmen“ bis hin zu Birk in der Kinderoper „Ronja Räubertochter“.

Foto: Hans Jörg Michel

Dass sie zudem eine gute Darstellerin ist, stellt sie in diesen Tagen in „Xerxes“ unter Beweis. In der Händel-Oper, die Stephan Herheim als barockes Spektakel inszeniert hat, geht es drunter und drüber. „Es ist maßlos übertrieben, sehr witzig und macht großen Spaß“, erklärt die zarte blonde Frau, die noch Minuten zuvor ihre braunen Augen als Atalanta hat aufblitzen lassen und sich mit großer Geste ins Liebes- und Intrigenspiel geworfen hat.

Foto: Hans Jörg Michel

Bei ihren sieben- und fünfjährigen Mädchen daheim in Meerbusch zählen indes andere Qualitäten. Sie mögen es nicht, wenn ihre Mutter probt. „Da äffen die mich nach, oder finden es langweilig.“ Dabei sollten sie sich auskennen mit dem Operngesang, waren doch beide bis kurz vor der Geburt auf der Bühne dabei. Noch im neunten Schwangerschaftsmonat trat Krabbe auf. „Warum auch nicht? Ich hatte ein gutes Körpergefühl“, erzählt die 44-Jährige unaufgeregt.

Im Gespräch nimmt sie sich zurück, fast erstaunt über den eigenen Einsatz blickt sie auf die lange Liste der Produktionen, in denen sie seit Beginn ihres Engagements an der Rheinoper 2000 mitgewirkt hat. Für sie aber auch ein guter Grund, in Düsseldorf zu bleiben. „An diesem Haus steht von der Barockoper bis zum Wagnerring alles auf dem Spielplan“, sagt sie. Ihre Stimme habe sich entwickeln können, sei heute lyrischer und weniger soubrettig als damals.

Gestresst wirkt sie nicht. Erstaunlich, springt sie doch zwischen den Rollen auf der Bühne und den Anforderungen, die sie als Mutter zu bewältigen hat, täglich hin und her. „Inzwischen gibt es ja auch bei den Kindern Hobbys, zu denen sie gefahren werden wollen.“ Mit Konzentration und Disziplin — und einer zuverlässigen Tagesmutter bekomme sie das hin, erklärt Krabbe mit entspannter Selbstverständlichkeit. Man müsse sich die Zeit eben nehmen. So ist der Montag für Yoga reserviert.

Beim Vorbereiten ihrer Partien achte sie genau darauf, dass sie Neues und Bekanntes in ein gutes Verhältnis bringe. Neben den Produktionen, die zurzeit noch auf dem Spielplan stehen, lernt sie bereits für die kommende Spielzeit. „Ich muss schon aufpassen, dass ich die Stücke nicht mische.“

Die erfahrene Sängerin verlässt sich dabei auf ihren Körper. Anfang 2013 sorgte „Xerxes“ in Düsseldorf für ausverkaufte Vorstellungen und jubelndes Publikum. Zwei Jahre später sei die Partie aber aus dem Kopf verschwunden. „Habe ich das wirklich gesungen?“, habe sie sich gefragt. Steht sie mit den Kollegen an der Rampe, komme die Erinnerung schnell zurück. Krabbe spricht von einer besonderen Energie. Sie schätzt es sehr, dass auch Gäste von außerhalb dabei sind. „Das bringt andere Sichtweisen und besondere Stimmen.“ Wie eben die beiden Countertenöre, die in „Xerxes“ auftreten. „Das ist schon was Besonderes“, erkennt sie an.

Wie klar Kinder in ihrem Urteil sind, das bekommt Krabbe nicht nur daheim zu spüren. In den fast immer ausverkauften Kinderopernvorstellungen reagieren die jungen Zuschauer prompt. „Das ist wie bei einem Rockkonzert — pur und ehrlich.“ Man spüre als Sängerin oben auf der Bühne sehr genau, ob die Spannung da ist — oder eben nicht. „Ich versuche dann, deutlicher zu singen, damit die Kinder die Sprache gut verstehen.“ Erstaunt hat sie dann aber doch das Feedback ihrer jüngeren Tochter nach „Ronja Räubertochter“. Was sie am schönsten fand, war nicht der Gesang, sondern der Schnee.