Düssel-Odyssee führt Zuschauer zu verträumten Orten
Chor und Schauspieler begleiten das Publikum, das gutes Schuhwerk mitbringen sollte.
Düsseldorf. Odysseus in Flingern? In Eller und Gerresheim? Der ewig suchende Sagen-Held der Antike, der einst von Troja nach Karthago über die Meere reiste, wird im Rahmen des zweiten „Asphalt“-Festivals zwar nicht über den Rhein schippern. Dafür aber an den Ufern der Düssel umherirren.
Am Spaltwerk Höher Hof, am Eller Kamp, Eller Friedhof und in Lierenfeld wird er Halt machen. Immer dabei: Ein Chor, der das Geschehen kommentiert, schauspielende Reiseführerinnen, Sänger und Zuschauer, die mit dem Irrfahrer versteckte Düssel-Plätze erkunden.
Per Bus werden sie von einer Station zur nächsten transportiert. Ablege-Platz: das Weltkunstzimmer an der Ronsdorfer Straße. Dort soll am 5. August das ungewöhnliche Theaterprojekt „Düssel — eine Odyssee“ von Alexander Steindorf beginnen. Das kleine Flüsschen, das sich untertunnelt und wie ein Kanal durch die Stadt zieht, hat es dem Schauspieler, Autor und Regisseur angetan. Er wechselte 2003 vom Weimarer Nationaltheater ins Düsseldorfer Schauspielhaus und arbeitete im Ensemble des Jungen Schauspielhauses.
Wie Steindorf dazu kam, Odysseus mit seiner neuen Heimat zu vernetzen? Beim ersten „Asphalt“-Festival im Sommer 2012 entdeckte er den Mini-Fluss und war überrascht: Ganz unspektakulär, durch ein Kanalrohr, mündet er in den Rhein.
Für den Theaterabend, der dem Publikum gutes Schuhwerk abverlangt, schreib Steindorf eine eigene Textfassung. Original-Homer ist nur vom Sprech-Chor zu vernehmen. Eine Gruppe von Männern und Frauen (im Alter von 49 bis 75) aus dem Verein „Miteinander Wohnen in Verantwortung“ in Gerresheim, deren Aufenthaltsraum zur Probebühne mutierte.
Drei Monate lang, einmal pro Woche, üben die Theateramateure mit Steindorf das Chor-Sprechen. Sie beklagen den stinkenden, verstopften Flusslauf oder den Lärm in Kleingärten und beschwören immer wieder den „Göttlichen Odysseus“.
Eine neue Erfahrung für die meisten, die bisher nur selten mit Theater in Berührung kamen. Seniorin Karin Proff sagt: „Wir haben zwar nicht alle die Odyssee gelesen, uns aber über Homer und sein Werk informiert.“ Neben einem Sing-Chor (Tao-Chor), den Profi-Mimen Bianca Künzel und Julia Dillmann begeben sie sich ebenso auf eine Irrfahrt wie Odysseus’ Gefährten.
Noch ist Steindorf sich nicht sicher, ob der ausgediente Soldat Odysseus am Ende seine Heimat findet oder weiterkämpfen und —irren muss. Unklar ebenfalls ist derzeit, wo genau er den ‚Hades’, die mythologische Unterwelt, ansiedeln wird. Nur so viel ist entschieden: Das Stück spielt ausschließlich am südlichen Verlauf der Düssel.
Ein besonderer Reiz für Alt- und Neu-Düsseldorfer besteht darin, dass sie an idyllische, verträumte Orte gelangen, von denen selbst Ortskundige vorher kaum etwas gehört haben dürften.