Komposition Düsseldorf: Komposition mit Wasserklängen
Düsseldorf · Der junge Komponist Martin Wistinghausen hat mit „Wasser-Bilder“ ein Opus für Sänger, Kammerorchester und Orgel geschaffen. Das wurde jetzt in der St. Antonius-Kirche gespielt.
Es plätschert aus alten Rotweinflaschen, Metall-Gefäßen und es sprudelt in Flakons. Dann rieselt es aus dem Regen-Rohr, auch ‚Rain-Maker’ genannt. Oder Meeres-Rauschen aus der „Ocean Drum“ weht dem Publikum in der Oberkassler St. Antonius-Kirche um die Ohren. Aus allen Ecken. Sinnlich und stark assoziativ ist die Natur-Klang-Kulisse, mit der Martin Wistinghausen seine „Wasser Bilder“ beginnt. Der Düsseldorfer Tondichter stellte am Sonntag im Rahmen des 13. Internationalen Orgelfestivals (IDO) im neobarocken Gotteshaus am Barbarossa-Platz sein neues Opus vor. Und damit das Auftragswerk, das er als Stipendiat (Kantorenstipendium der Stadt Düsseldorf) im Brandenburgischen Schloss Wiepersdorff verfasste. So war es vermutlich die Naturidylle fern des städtischen Lärms, die ihn zu diesem ansprechenden, abwechslungsreichen und vielschichtigen Loblied auf die lebensnotwendige Flüssigkeit inspirierte.
In neun Teilen lässt Wistinghausen (im Zweitberuf Chorsänger und Oratorien-Solist) „Botschaften des Regens“ und das „verführende Wasser“ sprechen. Und vertont dabei Texte von Günter Eich und Paul Klee, die er Sprüchen aus dem Alten Testament gegenüber stellt. Aus dieser sakral-weltlichen Mischung schöpft das Werk eine enorme dramatische Spannkraft und packt die Zuhörer in der — trotz guten Spätsommerwetters — gut besuchten Kirche in Oberkassel. Während die Bibelpassagen in Lateinisch gesungen werden, singen die ausgesuchten Kölner Vokalsolisten (Tenor: Leonhard Reso, Sopran: Julia Reckendrees und Bassbariton: Christian Walter) die Gedichte des 20. Jahrhunderts in Deutsch.
Die Orgel spielt ebenfalls eine zentrale Rolle
In düsteren Chor-Passagen, wenn es um Tränenflüsse, Fluten und Dürre geht, mutiert die Hymne auf das Wasser zu einem Requiem. ‚Lamento’ nennt er diese Gesänge, in denen Solisten und Chor singen und sprechen und dabei die Bandbreite der menschlichen Stimme ausloten. Sie heulen auf, flüstern, zischen, gleiten auf und ab, lassen die Stimmbänder an- und abschwellen. Und entladen sich in nahezu peitschenden Akkorden — angeführt von einem exquisit besetzten Kammerorchester unter Leitung von Kantor Markus Hinz. Er arbeitet die Kontraste in Wistinghausens Partitur klar heraus: raumfüllendes Forte und nur gehauchte, zurückgenommene Lyrismen.
Eine herausragende Rolle spielt die Orgel der Orgelbau-Werkstatt Mühleisen, mit einem Haupt- und Neben-Portal die modernste in Düsseldorf und für zeitgenössische Musik besonders geeignet, zumal sie (brillant gespielt von Dominik Susteck) elektronisch aufgemotzt ist, u.a. mit Loops (für Widerholungsschleifen) und Winddrossel. So weiß man an manchen Stellen nicht, ob die Altflöte spielt oder ob der Klang aus den Orgelpfeifen kommt.
An raffiniert komponierten Stellen wie diesen, ebenso wie an der vielschichtigen Instrumentierung besonders in den ‚Lamenti’, wird das Opern-Talent des Komponisten deutlich. So darf man darauf gespannt sein, wann und über welches Thema Wistinghausen sein erstes abendfüllendes Musikdrama schreiben wird.