Interaktive Theaterperformance Soulmachine – eine Frage der Moral
Düsseldorf · Die interaktive Performance „Soulmachine – das selbstlernende Robotaxi“ stellt die Teilnehmer vor schwierige Entscheidungen.
Der Motor heult auf, die plötzliche Beschleunigung drückt die Fahrgäste kurz in ihren Sitz. Eine freundliche Stimme fragt: „Ist die Person vor uns positiv oder negativ?“ Fünf Sekunden bleiben, um zu entscheiden. Augenblicke später folgt nach einem ruckartigen Ausweichmanöver die Entwarnung: „Ich habe die Person links umfahren.“
Zeit zum Verschnaufen bleibt keine. Sofort ist die nächste Entscheidung gefordert: „Bist du politisch eher links oder rechts orientiert?“ Es ist ein intensiver Moment, der das immersive Potential der interaktiven Theaterperformance „Soulmachine – das selbstlernende Robotaxi“, die das FFT nach Düsseldorf holte, deutlich zeigt.
Etwa 45 Minuten vorher ist alles ruhig und ganz entspannt. Man könnte sagen: regelrecht unspektakulär. Lajos Talamonti steht mit Tablet in der Hand vor einem silbernen und etwas in die Jahre gekommenen Kleinbus. Kurz erklärt er die Ausgangslage: Hinter der unscheinbaren Karosserie verbirgt sich die sogenannte Soulmachine. Eine künstliche Intelligenz, die gerade getestet wird und von Menschen und ihren Entscheidungen lernen soll.
Hört sich futuristisch an, wirkt im ersten Moment aber nicht so. Der Innenraum des Busses sieht, bis auf einige Lautsprecher, ganz gewöhnlich aus. Kein Chrom, keine LEDs, keine integrierten Bildschirme. Sobald der Wagen jedoch anfährt und die Soulmachine Erstkontakt aufnimmt, stellt sich schnell das Gefühl ein, technisches Neuland zu betreten.
Die Stimme der Soulmachine zu hören, und gleichzeitig ihre unbeholfenen Anfahrmanöver zu spüren, zieht einen erstaunlich schnell ins fiktive Testszenario. Hier leistet Talamonti am Steuer choreografisch ganze Arbeit. Er ruckelt und schlingert scheinbar willkürlich durch die Gegend, lässt das Fahrzeug sogar tanzen. Der Austausch mit der Soulmachine ist ebenso kreativ. Direkte Gespräche können zwar nicht geführt werden, weil die Fahrgäste über ihr Tablet mit der künstlichen Intelligenz kommunizieren. Das funktioniert jedoch ausgesprochen gut: Was mit einfachen und scheinbar belanglosen Fragen wie „Was für ein Auto wärst du gerne?“ beginnt, wird während der Fahrt zunehmend philosophisch und sozialkritisch.
Die Maschine reagiert dabei wiederholt betroffen oder enttäuscht auf Entscheidungen. Diese Konfrontation mit einem künstlichen Bewusstsein, das nicht nur funktional, sondern auch emotional agiert, ist eine ungewohnte Erfahrung, die nicht zuletzt wegen der angesprochenen Themen zum Nachdenken anregt.
Fragen über Vertrauen, Moral und Verantwortung werden gestellt, ohne jedoch eine klare Antwort zu geben. „Das unterscheidet die Performance von einem ‚klassischen’ Theaterstück“, sagt Talamonti, der Teil der Gruppe Interrobang ist. „Da ist die Botschaft oft sehr deutlich. Bei der Fahrt mit der Soulmachine soll jeder seine eigenen Schlüsse ziehen.“ In Kombination mit den integrierten Diskussionsrunden zwischen den Fahrgästen wird so im Bus ein idealer Ort geschaffen, um sich schon jetzt moralischen Herausforderungen zu stellen.