Düsseldorf Echt Feldmann — kein Strich vom Meister selbst
Hans-Peter Feldmann ist ein Schelm unter den Künstlern. Jetzt stellt er in der Galerie Konrad Fischer ein Porträt nach einem Barockmaler aus.
Düsseldorf. Georges de la Tour (1593-1652) war ein berühmter Barockmaler, Hofmaler Ludwigs XIII. Besonders beliebt sind seine Szenen aus dem Schelmenleben, mit Gaunern, Betrügern und Falschspielern. Die „Wahrsagerin“ gehört dazu. Auf diesem Gemälde geht es um Lug und Trug, um Falschgeld und um eine schöne Diebin. Das fasziniert auch Hans-Peter Feldmann. Mit dem Schild „Hell erstrahlen alle Mienen bei dem schönen Wort verdienen“, tauchte er auf dem letzten Kölner Kunstmarkt auf. Kunst und Kommerz liegen für ihn dicht beieinander.
Er spielt mit der Verkäuflichkeit, aber er arbeitet auch damit. So ist es fast schon verständlich, dass der eine Schelm vom anderen Schelm abgeguckt hat. Feldmann hat sich das schönste Detail mit dem schielenden Mädchen von George de la Tour aus dessen Bild genommen. Er brauchte kein Copyright zu beachten, denn der Franzose ist mehr als 70 Jahre tot. Das Ergebnis seiner Kunst hängt, als Zitat der „Wahrsagerin“, in der Konrad-Fischer-Galerie an der Platanenstraße. Es ist ein „echter“ Feldmann, oder genauer, ein typischer Feldmann. Und es kostet 100.000 Euro.
Georges de la Tour schildert die faltige Wahrsagerin, die dem skeptischen jungen Mann ein Geldstück andrehen will, während die junge Frau neben ihm aus ihren Augenwinkeln am Betrachter vorbei ihn beobachtet, ob er auch ja abgelenkt wird - denn nur so kann der Diebstahl gelingen. Keiner auf dem Bild von Georges de la Tour soll von den Tücken des anderen etwas wissen.
Diese Wahrsager-Szene ist ein gefundenes „Fressen“ für Hans-Peter Feldmann, der so gern mit der Kunst spielt. Er hat das Bild nämlich nicht selbst gemalt und auch nicht selbst signiert. Selbst eine Datierung, wie sie gemeinhin auf Gemälden üblich ist, sucht man vergebens. Ein Schelmenstreich also.
Signiert hat Feldmann ein Leben lang nach Auskunft der Galerie Konrad Fischer lediglich die Quittungen, wenn er samstags im Trödelladen seiner Frau in der Altstadt das Geld für den Nippes entgegennahm. Bekanntlich ist der gesamte Inhalt des Ladens inzwischen im Münchner Lenbachhaus gelandet.
Feldmann lässt malen. Er hat in dem Düsseldorfer Künstler Joseph Sappler einen Fachmann zur Hand, der bei keinem Geringeren als Gerhard Richter studiert hat. Sappler versteht also sein Handwerk. Kennengelernt haben sich die beiden bei der Katalogbearbeitung. Sappler ist perfekt am Computer und in der Buchgestaltung. Über die ersten Bücher lernten sich die beiden kennen und schätzen.
Sappler und Feldmann verstehen sich gut, jeder vertraut auf den anderen. Feldmann liebt Trödelmärkte, dort kauft er alte Bilder, die sich keiner mehr ins Wohnzimmer hängen will. Sappler malt nach Auskunft der Galerie Fischer in diese gefundenen Bilder die roten Nasen und die schielenden Augen, die dann bei den Käufern als Arbeiten des Hans-Peter Feldmann so begehrt sind.
Feldmann konnte sich seinerzeit in der Retrospektive der Kunsthalle über die alten Bilder und die neuen Nasen kaputt lachen. „Die Nasenbilder gehen gut, die sind in der ganzen Welt verstreut, und die schielenden Augen gehen auch gut“, heißt es in der Galerie Konrad Fischer. Frank und frei betont Feldmann vor jedem, der es hören will, dass er gar nicht selber malen müsse, er sei ja ein Konzeptkünstler. Er verschweigt aber zu sagen, dass er der einzige Konzeptkünstler mit Witz ist.
Feldmann ist Jahrgang 1941, Sappler wurde 24 jahre später geboren. Beide hoffen, dass sie noch lange zusammen arbeiten können, der eine mit seinem Namen und mit seinen Ideen, der andere mit seinem malerischen Talent in der Ausführung. Die Dorfschöne mit dem Lippenglanz, den roten Bäckchen und dem schrägen Blick ist wirklich gut gelungen. Und das in einer Höhe von zwei Metern. Sie ist seitlich extrem eng beschnitten, so dass sie in ihrer puren körperlichen Präsenz beinahe aus der Wand springt. Fast besser als im Bild des Georges de la Tour, wo sie ja nur eine Figur unter vielen ist. Ein richtiger Feldmann ist das Porträt. Nur Kopf - und ein schielender Blick.