Theater Der Kleine Prinz kehrt zurück

Düsseldorf · Junges Schauspiel zeigt Martin Baltscheits „Fortsetzung“ von Saint-Exupérys Geschichte.

Der Kleine Prinz und die Krähe mit Noëmi Krausz und Jonathan Gyles feiert nun Premiere am Jungen Schauspiel.

Foto: Thomas Rabsch

„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“ – diesen Satz kennt wohl fast jedes Kind, leider vielleicht aber auch nicht aus dem so transzendent kunstvollen Kontext, aus dem es eigentlich stammt, sondern gerne auch mal als verkitschten Sinnspruch auf einer Postkarte. Der Kleine Prinz, diese so weltsichtige und zeitgleich weltfremde Geschichte, ein Kunstmärchen aus der Feder des Franzosen Antoine de Saint-Exupéry, hat sich zu einem nicht selten medial ausgeschlachteten Kult entwickelt. Wie Mozart oder Klimt in Wien.

„Der Kleine Prinz“ wurde 140 Millionen Mal verkauft

Es ist chic, den kleinen Prinzen zu zitieren – es verleiht einem einen feinen Hauch von humanistischer Würde, ein kuschelig behagliches Gefühl, unterlegt mit Bedeutung und Tiefsinn. Und dies mit einer bestimmten Erfolgsgarantie, denn die Geschichte und die Zitate sind bestens über den gesamten Erdball verstreut. Das Buch wurde immerhin 140 Millionen Mal verkauft.

Dies alles ist nicht schlecht, denn in der Tat ist die bekannte Geschichte um den kleinen Prinzen voll von überaus poetisch verpackten Gedanken, die aber so fragil sind wie die Welt, auf der der Prinz lebt. Zerrt man sie zu sehr in das Heute, in das Jetzt, zerbrechen sie vielleicht.

Aber vielleicht kann es doch gelingen, den Kleinen Prinzen in das Heute zu entführen, die Geschichte im Jetzt spiegeln zu lassen? Vielleicht?

Eine besondere Hommage, in gewisser Weise eine Fortsetzung der Geschichte, lieferte der Düsseldorfer Autor Martin Baltscheit anlässlich des 75. Jubiläums der Buchveröffentlichung im Jahr 2018 mit „Der Kleine Prinz feiert Weihnachten“. In der der kleine Prinz zurückkehrt auf die Erde, weil sein Planet von den Affenbrotbäumen gesprengt wurde. Schuld war übrigens das Schaf, das seine Rose gefressen hatte, was der Prinz vor Wut in das All warf. Schließlich soll er angekommen in unserer heutigen Welt, in der just die mediale Präsenz seiner selbst ihm begegnet, in einer Krähe einen Weggefährten finden. Allein schon in diesen beschriebenen Worten stecken wieder unzählige philosophischen Anspielungen, die sich in der Fantasie aufladen lassen – wie man dies Kindern vermittelt, ist eine indes nicht so einfache Aufgabe. Was Saint-Exupéry durch einen zeitlosen Minimalismus, eine kunstvolle Einfachheit gelang, die viel mehr auch unbewusst transportiert, als man glauben möge. Doch kann es heute gelingen?

Da wir gerade von der Krähe sprachen. Diese ist titelgebend für die Adaption von Baltscheits Buch für das Schauspiel. Unter dem Titel „Der Kleine Prinz und die Krähe“ ist aus der Buchvorlage ein Jugendtheaterstück unter der Regie von Frank Hörner entstanden, das am Sonntag, 15. September, im Jungen Schauspiel Premiere feiern wird.

Wenn man sich die Ankündigungen für die Uaraufführung aufmerksam durchliest, so wird indes eines deutlich: Der Autor hat es sich nicht leicht gemacht; und vor allem geht es ihm nicht darum, auf irgendeine Art das Original zu verschlimmbessern. Vielmehr scheint die Idee hinter dem Buch und auch der Inszenierung zu sein, die Figur des Kleinen Prinzen bewusst auf die heutigen Umstände und Gegebenheiten, auf die Kennzeichen unserer heutigen Gesellschaft treffen zu lassen und so einen – nennen wir es vielleicht dialektischen – Prozess in Gang zu setzen. Gestaltet man das mit schöner Sprache und trefflichen Bildern, so funktioniert das auch für Kinder ganz wunderbar; wie schon beim Original.

Das Team um Hörner, das ist die Bühne und Kostüme von Stefanie Stuhldreier, Musik von Sebastian Maier unter Dramaturgin Kirstin Hess, hat dies alles zu einem Stück für Menschen ab zehn Jahren gefügt. Schauspielerisch schlüpft Jonathan Gyles in die Rolle des Kleinen Prinzen, Noëmi Krausz verkörpert die Krähe; in weiteren unzähligen Rollen agieren Selin Dörtkardes, Natalie Hanslik und Eduard Lind.

Ein Besuch kann natürlich nicht nur eingefleischten Fans der Geschichte empfohlen werden, von denen es bestimmt viele gibt – diese mögen übrigens die kritischen Anmerkungen am Anfang dieses Textes verzeihen. Auch Menschen, die vielleicht noch wenig Berührung mit Antoine de Saint-Exupéry hatten, werden gewiss schnell in diesen Kosmos hineingezogen werden.

Und was kann schöner sein, als Kinder und junge Menschen so an große Literatur heranzuführen?