Düsseldorf Katz, der Fotograf der großen Künstler
Benjamin Katz wird mit dem Kunstpreis der Künstler auf der Großen Düsseldorfer geehrt. Am Donnerstag stellte er sich als Charmeur vor.
Düsseldorf. 1,84 Meter groß, eine markante Nase im schmalen Gesicht, ein feines Lächeln auf den Lippen — Benjamin Katz gab sich am Donnerstag im Kunstpalast als Charmeur mit schauspielerischem Talent. Der 76-jährige Fotodokumentarist der gesamten Nachkriegsepoche in der deutschen Kunstgeschichte wird erstmals in seinem Leben ausgezeichnet. Er erhält den mit 6000 Euro dotierten Kunstpreis der Künstler, der ihm auf der Großen Düsseldorfer am 20. Februar 2016 überreicht wird. Und er freut sich riesig darüber.
Katz, das ist der Mann mit der M 7 Leica-Suchkamera, der noch immer schwarzweiß fotografiert. Warum er das tut, erklärte er sofort: „Digital ist mir zu leicht, zu bequem. Die Wirtschaft fabriziert Dinge, die Geld bringen. Aber im Labor kann man noch einige diffizile Wege finden, damit die Resultate befriedigend sind.“ Und dann schwärmt er vom leisen Klick, einem Geräusch, das für ihn „unglaublich sinnlich“ ist.
Er kommt auf leisen Sohlen, ohne Blitzlichtgewitter, ohne hektisches Hantieren mit Kameras und Linsen. Wie im Vorübergehen entstehen die Fotos, eher nebenbei, am Rande. Da begegnen sich 1978 in einer Amsterdamer Galerie Lüpertz und Baselitz, schlendern aneinander vorüber, als sei nichts gewesen. Und Katz: „Zack, da war es passiert. Man muss schnell sein.“
Aber dann beginnt der Kampf in der Kölner Dunkelkammer. Analoge Fotografie macht Mühe, auch wenn die „Tiefe“ eine andere ist und die „Kraft“ der Aufnahme den Künstler betört. Er arbeitet ohne Assistenten, allein mit Entwickler und Fixierer. Und ein paar Etagen über ihm sitzt seine Frau und ordnet das Archiv. Das ist so immens, dass es einem den Atem verschlägt. Eine halbe Million Aufnahmen seit jenem ersten legendären Kauf einer Bakalit-Kamera vom Taschengeld anno 1952/53. Der Schüler hatte den Apparat im Schaufenster gesehen. Noch zeichnete er ein paar Jahre, studierte an der Berliner Kunsthochschule, dachte an die Malerei, führte fünf Galerien mit wechselnden Künstlern und Architekten als Partnern. Ja, und dann war er nur noch der Fotograf.
Aber was für einer. Keiner verstellt sich auf seinen Bildern. Die Porträts scheinen Freundschaftsbilder zu sein. Katz ist Wegbegleiter der Künstler. Da springt schon mal Damien Hirst durch die Luft, tanzt Immendorff vor seinem Bild. Katz zeigt die versippten, albernden, netten, affigen, lustigen Typen. Er, der den Klick ausgelöst hat und den sensationellen Aufstieg in Deutschland begleitet, ist bei allen Großereignissen dabei, auf der Documenta, bei „Von hier aus“, „Bilderstreit“, „Westkunst“, aber auch bei Architekturtagungen. Und nun stützt er den Kopf in die schöne, schmale Hand und lächelt, als habe er soeben einen Witz gemacht.
Dabei hätte er allen Grund für die Melancholie. Er kam als Kind Antwerpener Juden 1939 zur Welt, wuchs in Brüssel auf, sein Vater kam in einem französischen Lager um, die Mutter zog als Alleinerziehende mit dem Filius nach Berlin. Dort studierte er mit Georg Baselitz, lernte die Heroen der Malerei kennen und erklärt jetzt: „Die Chemie muss stimmen.“ Offensichtlich nicht nur im Labor.
Benjamin Katz ist ein Freund unter Freunden. Auch in Düsseldorf. Er gehört zu den vier Schwerpunkten im Archiv der Rheinischen Fotoszene. Er hält der Großen Düsseldorfer stets die Stange. Michael Kortländer vom Verein Düsseldorfer Künstler nennt ihn eine „verlässliche Größe“ und Kay Heymer vom Museum Kunstpalast bescheinigt ihm eine hohe Anzahl von Volltreffern. Bei 500 000 Aufnahmen will das etwas heißen.