Konzert: Scooter erklimmen die Stufen zur maximalen Musik-Ekstase

Die Band ist ein Mysterium. Mit jeder Menge Bass und Gaga-Texten elektrisiert sie Tausende. Am Samstag auch in Düsseldorf.

Foto: David Young

Düsseldorf. Ohropax, Wattebällchen, kugelig gekaute Taschentücher — wer an diesem Abend nichts hat, das er sich in die Ohren stopfen kann, der hat verloren. Schon das erste Bassgrollen dröhnt dermaßen laut aus den Boxen, dass die Luft aus den Lungenflügeln gedrückt wird.

Scooter nennen das „hardcore“ — härter als hart. Seit 20 Jahren legen sie die Stufen hinauf zur maximalen Musik-Eskalation fest: „Lauter! Schneller! Scooter!“ Und diesen runden Geburtstag feiern sie in der Halle an der Siegburger Straße mit gut 6000 Partygästen.

Für Menschen, die mit dem von Frontmann H.P. Baxxter und seinen Kollegen seit 1994 auf so penetrante Weise geprägten Techno nichts am Hut haben, sind Scooter ein Mysterium: Wie kann eine Band, deren Instrumente eine Batterie von Computern ist, 20 Top-Ten-Hits landen? Wie kann eine Band, die Sprachrudimente und Gaga-Aussagen a la „Hyper! Hyper!“, „Jigga! Jigga!“ oder „Döpdöpdöp“ in den allgemeinen Sprachschatz beförderte, Tausende dazu bringen, sich zu vergessen und mit wild zappelnden Gliedmaßen übers Parkett zu zucken?

Einerseits liegt es wohl daran, dass Scooter mit ihren Songs aus Bass, Elektrogekreische, noch mehr Bass und geschickt neu verpackten, geklauten Melodien der Konkurrenz Urinstinkte ansprechen. Ganz nach dem Motto: Es bollert und wummert so arg im Leib — man muss irgendwas tun, damit man überlebt und nicht platzt.

Die andere Erklärung liefern die konsequentesten Fans der Truppe, die ihr bis Düsseldorf folgen. Etwa Holger und Eva Lansink aus Dortmund, die quasi überall hinfahren — Hauptsache Scooter sind auch da. „H.P. Baxxter ist sich immer treugeblieben. Der macht das, was er will, mit Leidenschaft und lässt sich nicht reinreden“, sagt Holger. Holger ist 57, von Beruf Restaurator, und trägt zu Ehren der Band einen giftgrünen Plastikanzug, der freie Sicht auf die gepiercte Brust und seinen mit dem Scooter-Logo tätowierten Rücken gewährt.

Eva ist 54 und hat sich für ein Neon-Netzoberteil entschieden. Typischer Techno-Fummel ist das. Selbst gemacht. Und in diesem Moment die perfekteste Abendgarderobe der Welt — von Holgers und Evas Welt. In der gilt das von Holger gesprochene Gesetz: „Scooter sind die Besten!“

Dem widersprechen würden auch Adrien und Nicolas La Briel nicht: Die Brüder sind extra aus Paris hergekommen, schwenken im Stroboskop-Geflacker der Scheinwerfer zum Stakkato-Takt von „The question is what is the question“ ihre Landesflagge und brüllen: „Die Leute hier wissen, wie man entspannt feiert.“ Natürlich mit Scooter-Mucke.

Wenn man ein Konzert, bei dem Flammen zur Decke züngeln und Fans in Reflektor-Müllwesten „Move your ass“ kreischen, als entspannt bezeichnen möchte, dann stimmt diese Einschätzung sogar. Ansonsten ist es aber auch egal. Denn Scooters Musik geht durch die Ohren direkt in die Beine, ohne das Gehirn zu streifen. Und genau so — nicht zu viel nachdenken, sondern genießen — lässt sich am besten Party machen. Das weiß jeder, auch wenn das nicht jeder so offen zugibt wie H.P.Baxxter.