Heimatsommer Kulturfestival statt galoppierender Pferde
Düsseldorf · Der Heimatsommer auf der Grafenberger Rennbahn ging mit Filmen über Extrem-Radfahrer zu Ende.
Corona macht erfinderisch. Und was aus der Not heraus geboren wurde, könnte sich vielleicht auch in den kommenden Jahren etablieren. So wie das alternative Nutzen einer ganz besonderen Düsseldorfer Location, die sonst den schnellen Pferden und den auf diese wettenden Zuschauern vorbehalten ist: Die Grafenberger Rennbahn wurde seit Anfang Juli im Rahmen des städtischen Heimatsommers zu einer Art Urlaubsort. Gut 4000 Besucher kamen in den Sommerferien dorthin, buchten einen Platz in einem der 200 Liegestühle und ließen sich mit Blick auf die Galopprennbahn im Hintergrund und die Bühne beziehungsweise die Leinwand im Vordergrund unterhalten.
So wie am Samstagabend, als schon die zahlreichen an den Zäunen abgestellten Renn- und Geländeräder zeigten, dass dieses Mal ein ganz spezielles Publikum angesprochen werden sollte. Zwei Filme über Extrem-Radfahren ließen selbst dieses Publikum staunen, was manch einer seinem Körper zumutet. Zunächst in „Ice & Palms“, wo zwei Extremsportler sich auf Skiern und Rennrädern aus den Bergen bis zum Meer durchkämpfen. Atemberaubende Bilder! Und dann der Film „Onboard – The Transcontinental Race“, der Menschen zeigt, die sich bis zu 18 Stunden am Tag im Sattel schinden. Beim Transcontinental Race gehen jedes Jahr ein paar Hundert Verrückte auf die Marterstrecke: Sie legen bis zu 4000 Kilometer in knapp zehn Tagen zurück. Die Teilnehmer sind unbegleitet, müssen sich auf der Strecke selbst versorgen und auch ihre Streckenplanung allein organisieren.
Krasser konnte der Unterschied am Samstagabend kaum sein: das Leiden auf der Leinwand und der Komfort der Zuschauer in ihren Liegestühlen – mit einem Bier oder Wein in dieser lauen Sommernacht auf der Rennbahn. Knapp 20 verschiedene Filme wurden in den vergangenen Wochen dort gezeigt. Doch diese in Kooperation mit den Filmkunstkinos ausgesuchten Nicht-Mainstream-Streifen waren nur ein kleiner Teil des vom Veranstalter, der Eventagentur „Schlieter&friends“, aufgestellten und im Rahmen des Heimatsommers von der Stadt geförderten Programms.
Petra Schlieter-Gropp, Geschäftsführerin des Veranstalters, zieht nach Abschluss der jetzt zu Ende gegangenen Wochen ein Fazit: „Wir wollten ein Kulturfestival für viele Daheimgebliebene mit Urlaubsfeeling schaffen, und das ist uns mit Livemusik (Kooperation Jazz-Schmiede und Fresh Music Live), einer Opernpremiere, Lesungen, Kino und einem Kinderprogramm glaube ich gut gelungen.“ Zu dem Kinderprogramm gehörten zum Beispiel eine Greifvogelshow, Kinderlesungen mit Anna & Nellie Thalbach und mit Cordula Stratmann, eine Vorstellung des Marionettentheaters oder auch eine Clownshow. Sonntagsvormittags verwandelte sich der Platz, um den herum es auch Angebote für Essen und Trinken gab, in ein Fitnesscenter: Pilates und Yoga unter fachkundiger Anleitung. „Wir sind sehr glücklich, dass unser Konzept bei der Stadt so großen Anklang gefunden hat und die Stadt uns auch so toll unterstützt hat“, sagt Schlieter-Gropp. Ihr persönliches Highlight war der 26. Juli, als vier Sänger und ein Pianist die Rennbahn in ein Open-Air-Opernhaus verwandelten.
Corinna Oetken, Mitglied der Geschäftsleitung des Veranstalters, sagt nach den Wochen auf der Rennbahn: „Wir sind überwältigt von den vielen positiven, fast schon enthusiastischen Feedbacks, die uns von den Gästen widergespiegelt wurden. Da haben wir natürlich große Lust, den Heimatsommer Grafenberg auch im nächsten Jahr wieder zu veranstalten.“ Könnte eine gute Idee sein, selbst wenn Corona dann nur noch ein böses Gespenst der Vergangenheit sein sollte.