Düsseldorf Martin Armknecht: In der Heimat zur Tiefen-Entspannung
Der Schauspieler Martin Armknecht spielt zurzeit in seiner Geburtsstadt in der Komödie. Bekannt wurde er durch die Lindenstraße.
Düsseldorf. Freiheitsliebend ist Martin Armknecht seit seiner Jugend. Er ist drei Mal von der Schule geflogen. „Nicht weil ich zu blöd war, sondern weil ich gegen das alte System mit autoritären Paukern rebelliert habe. Einige waren noch alte Nazi-Köppe“. Sagt der Sohn von Peter Armknecht, der 40 Jahre bei Henkel arbeitete und zu den Betriebsrat-Gründern zählte.
Das war Ende der 70er/Anfang der 1980er Jahre, in der junge Menschen alternative Lebensformen suchten. Die Zeit von Matahari-Passage, Anti-Franz-Josef-Strauss-Kampagnen und Straßen-Theater. In Düsseldorf, wo Martin eine bewegte Jugend in zahlreichen WGs verbrachte, es aber nur zum 10. Klasse-Abschluss auf der Hauptschule Itterstraße geschafft hat und danach eine fabelhafte Karriere als Schauspieler hingelegt hat. Zunächst auf den Brettern, ab den 90ern in Kino und Fernsehen.
Wenig stromlinienförmig, wie er bis heute ist, so auch seine Rollen — so neben Till Schweiger im Kultfilm „Manta, Manta“ oder in den frühen 90ern dann in der „Lindenstraße“, wo er für Furore sorgte: mit Georg Uecker wechselte er den ersten schwulen Kuss in einer deutschen Vorabendserie.
„Die Leute haben uns beschimpft, mit ,Ab ins KZ!’ und schickten uns sogar Morddrohungen“, erinnert sich Armknecht, der heute als Vater einer 16-jährigen Tochter in Köln wohnt und bis Mitte Juli in dem Stück „Zauberhafte Zeiten“ als alkoholisierter Postbote beweist, wie komisch er sein kann. Wenn er auch häufig in TV-Studios arbeitet und auf der Mattscheibe zu erleben ist, so hat sich Martin Armknecht doch diese Wochen freigeschaufelt, freut sich endlich wieder in seiner Heimatstadt zu spielen.
In der Komödie an der Steinstraße stand er schon häufiger auf der Bühne. Und davor gab er bereits als 14-Jähriger im Schultheater den König Herodes. „Die Aula hat getobt, da wusste ich: Das ist mein Ding!“ Durch Freunde kam er früh in Kontakt zur Freien Szene, spielte ab 1984 mit seiner eigenen Truppe Jha Wenir (Gesandte Gottes) in leerstehenden Fabrikgebäuden auf der Kiefernstraße. Geld jagten sie damals nicht hinterher. Das galt als ein Anti-Wert. Seine Brötchen verdiente er als Putzhilfe, Spüler in der legendären Altstadt-Kneipe „Pille“ oder als Türsteher im Club Mora. Klar, dass er nicht zum Bund ging, sondern Zivildienst leistete, im Altenheim.
Ob das heute noch so gehen würde, fragt er sich. „Ich sehe an meiner Tochter, dass die Jugend heute extrem unter Erfolgszwang und Finanzdruck steht.“ Keine Zeit mehr für Freiräume oder dafür, sich auszuprobieren. Dadurch habe er sich entwickeln können. Traumberuf Schauspieler? Nein, das sei ein Handwerk oder Job wie viele andere. Deshalb habe er auch immer Angebote aus der Werbung angenommen. Und auch damit viel Glück gehabt. „Die Branche kennt mich, und das ist mein Kapital.“
Armknecht setzt dabei auf einen „Gemischtwarenladen“, auf einen Mix aus Fernsehen und Theater. „Ich bin dankbar dafür, dass ich seit 30 Jahren von meinem Beruf leben kann.“ Denn durch den Skandal 1985 bei der „Lindenstraße“ (einige Regionalprogramme schalteten sich damals aus der Serie aus) sei er über Nacht bekannt geworden. Bei Produzenten und Regisseuren. Und konnte in den 90ern vom Boom der privaten Sender profitieren. 200 Filme drehten die damals pro Jahr. „Durch den Sparzwang sind’s heute gerade mal zwei“.
Thema Kinofilm. Till Schweiger wird von Armknecht bewundert. „Der findet immer wieder Themen, die die Menschen packen. Die Kinos sind voll, manche Schweiger-Filme erreichen sechs Millionen Zuschauer“. Wenn man auch nicht nur nach Quoten schielen dürfe, so legen diese Filme die Finger auf Wunden unserer Zeit. Was man nicht immer von den Streifen sagen könne, die von Filmstiftungen hoch subventioniert würden.
Und Düsseldorf? Das ist Heimat und für mich Tiefen-Entspannung, gesteht Armknecht, der seit seiner „Lindenstraßen“-Zeit in Köln lebt. Und zählt Orte der Erinnerung auf. Dazu gehören nicht nur Theater, sondern auch diverse Gebäude, in denen der junge Martin die Schulbank gedrückt hat.