Geige Musikinitiative überzeugt in den USA
Professorin der Musikhochschule hat Vivaldi-Projekt angestoßen. Im Ausland zeigt man Interesse.
Düsseldorf. Als Musikprofessorin Ida Bieler vor fünf Jahren ihr Vivaldi-Projekt in der Robert-Schumann-Hochschule vorstellte, gab sie viel von sich preis: Schwer krank sei sie als Kind gewesen, erzählte sie. Den Mitschülern waren die körperlichen Beschwerden der Klassenkameradin suspekt und sie kehrten ihre Unsicherheit in Arglist um. Ida Bieler litt, wusste jedoch einen starken Partner an ihrer Seite: die Musik. Mit drei Jahren hatte sie begonnen, das Geigenspiel zu erlernen und eine heftige Zuneigung zu diesem Instrument entwickelt. Sie spürte, dass sich aus ihrem Können Selbstbewusstsein schöpfen ließ. Eine Erkenntnis, die tröstete.
Die sehr persönliche Geschichte mündete in ein ambitioniertes Angebot, das Robert-Schumann-Hochschule, Jugendamt und Clara-Schumann-Musikschule seit nunmehr fünf Jahren gemeinsam stemmen. 2012 wurde das Vivaldi-Programm beim bundesweiten Wettbewerb „Ideen für die Bildungspolitik“ ausgezeichnet und auch der unsichere Projektstatus ist inzwischen abgelegt. Zurzeit erarbeiten Stadt und Musikhochschule einen Vertrag, der den Fortbestand von Bielers Initiative in Düsseldorf dauerhaft sichert. Auch liegen schon Anfragen, etwa aus den USA, vor, wo man das Konzept gerne anwenden möchte.
Nathalie Streichardt, Lehrbeauftragte für Fachdidaktik und Violine an der Robert-Schumann-Hochschule, koordiniert das Vivaldi-Programm mit ihrer Kollegin Cathy Shepheard. Sie sagt: „Beide Seiten profitieren. Unsere Studenten lernen, kleine Kinder zu unterrichten, und die Kinder erleben klassische Musik.“
Zwischen vier und sieben Jahre alt sind die Schüler, 95 Prozent haben einen Migrationshintergrund. Sie kommen aus der Türkei, Polen oder China und werden in einem sozialen Umfeld groß, in dem andere Dinge zählen als der Genuss einer Mahler-Symphonie oder das Erlernen eines Instruments. Manchen Eltern fällt gar die Vermittlung grundlegender Fertigkeiten schwer und so schicken sie ihre Kinder in die Welt, ohne ihnen ein selbstsicheres Auftreten mit auf den Weg zu geben.
„Im Gegensatz dazu werden bei uns die Kinder ganz besonders wahrgenommen“, sagt Streichardt. „Jedes Kind hat seinen eigenen Lehrer und erhält Einzelunterricht. Dazu kommt, dass sie mit der Geige ein Instrument erlernen, das anders als etwa Blasinstrumente der bürgerlichen Bildung zugeordnet wird.“ Beide Aspekte sollen den Kindern „das Gefühl geben“, dass „sie jetzt mal das Zentrum des Universums sind“.
Zehn Studenten lehren 20 Kindern das Violinspiel. Der Unterricht, 30 Minuten pro Woche, erfolgt in den städtischen Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen „Zitty“ in der Innenstadt, „V 24“ in Oberbilk sowie „Oberbilker Allee“ in Friedrichstadt.
Dort üben die Kinder auch unter der Woche. Dabei werden sie von Mitarbeitern der Einrichtung betreut. „Das sind keine Musikexperten, aber sie besuchen die Unterrichtsstunden und werden von unseren Studenten instruiert“, sagt Streichardt. „Das klappt sehr gut.“ Die Instrumente stellt die Clara-Schumann-Schule unentgeldlich zur Verfügung.
Zwei Jahre lang nehmen die Kinder an dem Vivaldi-Programm teil. Wer danach weitermachen möchte, erhält ein Jahr lang kostenfreien Unterricht an der städtischen Clara-Schumann-Musikschule. Das notwendige Geld wird bei Spendern und Stiftungen erbeten. Vor allem Peter Haseley, Direktor der städtischen Clara-Schumann-Musikschule und Thomas Leander, Prorektor der Schumann-Hochschule, engagierten sich hier vorbildlich, sagt Streichardt.
17 von 20 Kindern pro Staffel nehmen das Angebot eines dritten Geigen-Jahres an. Besonders freut Streichardt aber, dass fünf Kinder aus dem ersten Jahrgang nach wie vor Geigenunterricht an der Musikschule nehmen. Den zahlen jetzt die Eltern. Dank Düsselpass (ein Angebot der Stadt an sozial belastete Haushalte), gibt es eine Nachlass auf die Gebühr. Und, davon ist Streichardt überzeugt, den Eltern hilft die Erkenntnis, dass die Musik das Leben ihrer Kinder schöner macht.