Opern-Star spricht Wagner frei
Bariton Bernd Weikl und Historiker Peter Bendixen diskutieren im Theatermuseum den Fall Richard Wagner.
Düsseldorf. Das Theatermuseum am Hofgarten ist gut besucht — trotz des lange ersehnten Sonnenscheins draußen. Im Innenraum sind die lichtabweisenden Rollos herunter gelassen und das kühle Kunstlicht ist angeknipst.
Auch thematisch herrscht hier Winter: Denn es geht um den Fall Richard Wagner, nicht um seine herzerwärmende Musik, sondern um die kalte Hetzschrift „Das Judentum in der Musik“. Referenten sind Bayreuth-Legende Bernd Weikl (Bariton) und der Ökonom und Historiker Peter Bendixen, Autoren des Buchs „Freispruch für Wagner?“
Das Thema ist nicht neu, doch in Düsseldorf schlagen angesichts der zurückliegenden Premiere der Wagner-Oper „Tannhäuser“ in der protestbedingt abgesetzten Inszenierung des Regisseurs Burkhard C. Kosminski noch immer die Emotionen der Opernfans hoch.
Der hatte aus der Liebestragödie mit szenischen Mitteln eine Nazi-Geschichte gemacht. Denn Wagner sei ja Antisemit gewesen, hatte der Regisseur erklärt. Intendant Meyer hatte die Oper abgesetzt, weil er gesundheitliche Beeinträchtigungen der Besucher fürchtete. Über die genauen Hintergründe und Wagners Einfluss auf Nationalisten ging es in dem Vortrag, der bereits terminiert war, bevor es zum Tannhäuser-Skandal kam.
Das Publikum, das eingeladen war, mitzudiskutieren, wirkte noch immer empört über die Tannhäuser-Inszenierung. Viele einstige Premierenbesucher waren unter den Anwesenden. Man bat Bernd Weikl um Stellungnahme, der, da er die Aufführung nicht gesehen hatte, nur sehr allgemein die Berechtigung solcher Inszenierungen infragestellte.
Der mit Wagner in Verbindung gebrachte Nationalismus sei ein Phänomen des 20. Jahrhunderts, betont Weikl. Bis zur Zeit des Ersten Weltkriegs habe in den Schriften über Wagner Antisemitismus keine Rolle gespielt.
Im Gegenteil: Wagners jüdische Mitstreiter wie der Dirigent Hermann Levi hätten Wagners Pamphlet als Zeichen allgemeiner Auflehnung gegen den Materialismus in der Gesellschaft gewertet.
Auch Bendixen verteidigt Wagner, und sagt, es mache keinen Sinn, ihm Nationalismus zu unterstellen angesichts der Tatsache, dass er im sich industrialisierenden 19. Jahrhundert für romantischen Individualismus eingetreten sei — ein krasser Gegensatz zu Hitlers individualitätsfeindlicher NS-Ideologie.
Die Besucher spenden mehrheitlich Beifall. „Ich kann die Meinung eindeutig teilen“, sagt Operngängerin Carola Hartwig. Wagner-Fan Gert Dahlmanns findet: „Wagners Schrift aus Sicht des 19. Jahrhunderts zu zeigen war vollkommen in Ordnung.“ Kritik äußert indessen Barbara Jänsch: „Der Vortrag war mir zu eindimensional.“ Man könne Wagners Antisemitismus nicht einfach wegdiskutieren.