Oratorium „Unter gleichem Himmel“: „Diese Klänge müssen berühren“
Komponist vereint in einem Oratorium Musik aus Judentum, Islam und Christentum.
Düsseldorf. Der Glaube an den einen Gott ist die Keimzelle der drei großen Monotheismen Christentum, Judentum und Islam. Alle drei gehen auf Abraham, den Stammvater der Israeliten zurück. Jetzt schuf der irakische Komponist, Sänger und Musikwissenschaftler Saad Thamir ein Oratorium, das die drei abrahamitischen Religionen auf künstlerische Art und Weise vereint.
Die Auftragskomposition mit dem schönen poetischen Namen „Unter einem Himmel“ der Stadt Paderborn für das Festival „Musica sacra“ entstand vor knapp drei Jahren und ist nun zum ersten Mal in Düsseldorf zu hören.
„Ich hatte nur den Auftrag, etwas Religiöses zu schreiben“, berichtet Saad Thamir im Gespräch mit der WZ. Da sei er auf die Idee gekommen, die drei großen abrahamitischen Religionen auf musikalische Weise zusammenzuführen. Das sei eine musikalisch interessante Aufgabe gewesen und berühre dazu einen politischen Dauerbrenner.
Thamir selbst schwankt in seiner Auffassung von der Wirkungskraft der Kunst zwischen Zuversicht und Skepsis. „Wir haben so viele Probleme auf der Welt, da sollten zumindest die Religionen zusammenarbeiten“, lautet seine feste Überzeugung. Sein Enthusiasmus wird allerdings von den täglichen Nachrichten aus der ganzen Welt gebremst. „Es ist langwierig“, sagt er, „auf eine Versöhnung müssen wir vermutlich noch 100 Jahre warten.“
In seine Komposition sind bekannte Melodien aus den drei Religionen eingeflossen. Aus der arabischen Welt zitiert er unter anderem die zum Ramadan gesungene Melodie „Tarauih“. Jedes Kind in der islamischen Welt kenne dieses Lied, das am frühen Morgen aus jeder Moschee dringe.
„Aus der christlichen Kirchenmusik habe er sich ein Thema aus Messen von William Bird und Franz Liszt ausgesucht. Zwei jüdische Kinderlieder habe er mit einem religiösen Text unterlegt. Kennzeichnend für die islamischen Lieder seien die orientalischen Melodien mit Vierteltönen, während bei Bird und Liszt die große westliche Polyphonie und Harmonik eine wichtige Rolle spiele.
Die Verwendung eingängiger Themen gehört zu Thamirs Wunsch, viele Menschen mit dem Werk zu erreichen. „Religion muss nah sein“, sagt der Komponist. „Ich mag musikalisch Kompliziertes sehr, doch in einer religiösen Komposition müssen die Klänge einen berühren.“
Besetzt ist das ungewöhnliche Musikwerk für Gesangsstimmen und arabische Instrumente wie irakische Kniegeige, arabische Flöte und Laute.