Photo Weekend: Von der Brotzeit bis zum bitteren Ende

Im Mittelpunkt von 30 Ausstellungen zur Fotokunst steht „Heimat“, eine Superschau im NRW-Forum.

Foto: Photo Weekend

Düsseldorf. Am Freitag um 18 Uhr startet das Photo Weekend, die Mammutschau an 30 Stadtorten zwischen Ehrenhof, Grabbeplatz, Carlstadt, Flingern und Reisholz. Bis Sonntag abend um 18 Uhr zeigen Galerien, Museen, Kunsträume und „Kunstecken“ einen großen Überblick über die Avantgarde. Das von Clara Maria Sels organisierte Fotofestival betreibt keine Nabelschau rund um die Becher-Schule. Es versteht sich als Forum für alle Stile. Im NRW-Forum am Ehrenhof ist die grandiose Fotosammlung der DZ-Bank zu sehen. Sie widmet sich einem Thema, das durch die Nazis in Misskredit geraten ist, der Heimat.

Was ist Heimat, ein Geburtsort, eine Kultur, eine Sprache, eine Sehnsucht? Der Sänger Herbert Grönemeyer meint, sie sei eher ein Gefühl. Die Künstler in der Auswahl der DZ-Bank gehen subversiv, ironisch, humorig und tragikomisch mit dem für uns Deutsche eher negativ besetzten Begriff um.

Den Auftakt macht Andreas Mühe, Sohn des verstorbenen Schauspielers Ulrich Mühe. Sein Mann in dunkler Lederkluft ist das erste Bild in der Ausstellung. Er steht mit ernstem Blick vor einer Backsteinmauer mit der Aufschrift „HEIMAT“ und schaut ins Nirgendwo. Die inszenierte Aufnahme entstand in Prora auf Rügen, wo einst Nazi-Helden mit „Kraft durch Freude“ auf eine große Zukunft getrimmt wurden.

Künstler aus der ehemaligen DDR verbinden ihre leidvolle Vergangenheit mit der Trennung. Manfred Paul etwa hielt den Mauerfall in Polaroids fest. Er konnte gar nicht so schnell knipsen, wie die Mauer fiel. Grenzen entstehen und vergehen. Paul Pfarr hat diese Eingeschlossenheit in Bildern vom Stacheldraht festgehalten. Die Bäume im Todesstreifen wuchsen im Laufe der Jahrzehnte und verleibten sich den Draht in ihre Rinde ein.

Die Schau enthält nicht nur Reflexe auf die politische Vergangenheit in Deutschland. Es gibt auch Lustiges, Satirisches. Den Nagel auf den Kopf trifft der Düsseldorfer Hans Peter Feldmann mit Fotos von drei großen, freigestellten Brotscheiben. Die Traditionsnahrung der Deutschen taucht in der „Brotzeit“ oder im „Abendbrot“ auf, wenn die Familie in gemütlicher Runde um den Esstisch sitzt. Heimat, nostalgisch gefasst, wird von Laurenz Berges aufgenommen, der die letzten Spuren der zerstörten Häuser im Braunkohlegebiet aufnimmt und dabei als Schatten selbst ins Bild gerät.

Anna und Bernhard Blume, knöpften sich 1991 den deutschen Wald vor. Wie es sich für clowneske Menschen gehört, sind die stacheligen Tannenbäume längst abgestorben und führen bei einem Klettermax zum unfreiwilligen Absturz auf die Erde. Tragikomisch ist die Fotoserie des viel zu früh verstorbenen York der Knoefel (Jörg Knöfel), der 1986 noch als Student im VEB-Fleischkombinat Berlin am Prenzlauer Berg fündig wurde.

Ausgerechnet im Schlachthaus geht es ihm nicht nur um das Zerlegen von Schweinen, sondern auch um ein flirtendes Pärchen. Heimat, ist das vielleicht der Ort, wo die Liebe ist? Oder ist es der Tod, der in seinem Boot die Seelen über den Acheron fährt, wie es Peter Bialobrzeski schildert?