Konzert Pianistin Hélène Grimaud in der Tonhalle
Düsseldorf · Sie begeisterte mit impressionistischem Klang. Bei Erik Saties Musik passte dieser weniger.
Die französische Pianistin Hélène Grimaud, geboren in Aix-en- Provence, wird in diesem Jahr 50 Jahre alt. Normalerweise ist es nicht sehr charmant, das Alter einer Frau öffentlich kundzutun, in diesem Fall darf, ja sollte es erwähnt werden – es wird ja auch im Programm mitgeteilt –, weil auf dem Podium der Tonhalle eine junggebliebene, dynamische Musikerin eine grandiose Performance präsentierte. In der Vorankündigung wird Hélène Grimaud angekündigt als „die Impressionistin unter den Pianisten, die Klangfarbenexpertin, die wie mit feinem Pinsel die tausend und abertausend Töne vorsichtig aufträgt.“ Sie denkt musikalisch-synästhetisch. Sie zaubert mit Hilfe eines sehr feinfühligen Pedalgebrauchs Klangflächen und Klangschichtungen, die bei Komponisten wie Chopin (Nocturne e-moll op. 72,1 und Mazurka a-moll op.17,4) und Debussy (Arabesque Nr. 1 und „Claire de lune“ aus der „Suite bergamasque“) die romantischen und impressionistischen Farben wunderschön hervorlocken, ergänzt durch eine authentische, nie aufgesetzt wirkende Agogik. Auch der erst 1937 in Kiew geborene Komponist Valentin Silvestrov reiht sich mit seinen hier aufgeführten Bagatellen 1 und 2 stilistisch harmonisch in das Klangbild ein, auch wenn es etwas befremdet, dass diese Musik erst 2005 und dann auch noch als op. 1 veröffentlicht wurde. Die filigrane Struktur dieser Stücke wurde transparent und in der Einzeltongestaltung sehr sensibel von Grimaud herausgearbeitet.
Die Tonsprache Erik Saties trifft Grimaud indes nicht
Nun aber fällt ein Schatten auf das Programm, was auch erwähnt werden muss. Erik Satie, ein Zeitgenosse Debussys, der sich von der Ästhetik seiner Zeit bewusst absetzte und sich mit durchaus komischen und absurden Ideen eine Distanz zum spätromantischen und impressionistischen Trend seiner Zeit schuf. Er verabscheute das Pedal und wandte sich gegen jede romantische „Gefühlsduselei“, komponierte ohne Taktstriche, wollte Töne „messen“ und war auch sonst ein Querdenker seiner Zeit. Hélène Grimaud baute diesen Erik Satie in ihr romantisch-impressionistisches Konzept ein, wohin er nicht gehört, und verbog ihn mit viel Pedal und rauschenden Klangkaskaden (in Gnossienne 1 und 4, sowie in „Pieces froides“ Nr. 2) zu einer Klangwelt, die zwar durchaus unterhaltsam und angepasst an einen oberflächlich konsumierenden Geschmack klingt, aber Herrn Satie nicht gerecht wird. „Ich muss eine andere Ästhetik finden, oder ich bin verloren“, soll Satie gesagt haben. Leider hat Frau Grimaud nicht darauf gehört. Ein bedauerliches Missverständnis.
Im zweiten Teil des Abends brillierte die Pianistin mit Robert Schumanns „Kreisleriana“ op. 16, den sie in einem großen Wurf mit viel Kraft, Spannung und feiner Tongestaltung zelebrierte. Ihre Kraft und ihr kontrolliertes Spiel reichte bis zum Finale „schnell und spielend“, und darüber hinaus für fünf Zugaben. Begeisterter Applaus in der ausverkauften Tonhalle.