Konzert Pianistin Shybayeva begeistert im Düsseldorfer Intercontinental
Düsseldorf · Die klassische Soirée will Klavierabende in gehobenem Ambiente an der Kö anbieten. Der Auftakt ist gelungen.
Im Herbst und Winter ist Hausmusik hoch im Kurs. Auf diese Tradition besinnt sich in den nächsten Monaten auch das Hotel Intercontinental. Zusammen mit der Rubinstein-Akademie — einer angesehenen, privaten Talentschmiede auf der Flingerstraße, geleitet vom Geiger Michael Blatow — organisiert das Nobelhotel an der Königsallee eine kleine Konzertreihe. Bis Ende Februar bieten sie die „Klassische Soirée auf der Kö“ in elegantem Ambiente eines Fünfsterne-Tempels an, wahlweise sogar kombiniert mit Kulinarik, kredenzt vom hauseigenen Meisterkoch.
Die musikalische Qualität dieses ungewöhnlichen Formats hat sich seit zehn Jahren unter Freunden der Klavierkunst herumgesprochen. Zum Auftakt am vergangenen Sonntag stand im voll besetzten Bankettsaal ein Streifzug durch tänzerische Kompositionen — häufig von Folklore inspiriert — und durch frühen Jazz auf dem Programm. Am Konzertflügel: Hanna Shybayeva. Die 39-jährige Pianistin, in Minsk geboren, lebt seit 20 Jahren in Den Haag und gibt (neben dem Konzertieren) als Dozentin der Rubinstein-Akademie ihr Wissen weiter an Talente.
Shybayeva spielt weder zu romantisch noch zu unterkühlt
Im Gepäck hatte die aparte, grazile Weißrussin, die die anspruchsvollen Stücke in fließendem Deutsch (mit kleinem niederländischen Akzent) moderiert, einige Raritäten. Zunächst brilliert sie mit kantig straffen Rhythmen in Tschaikowskys „Scène rustique russe“ (russische Bauern-Szene) und in 15 kurzen ungarischen Bauernliedern von Bela Bartók. Mit kräftigem Anschlag meistert sie die rhapsodischen Passagen, erzeugt mächtiges Volumen und zeigt sich mit ratternden Akkordketten eher als routinierte Virtuosin denn als verträumte Romantikerin. Doch bei aller Kraft und Coolness wirkt Hannas Spiel nicht unterkühlt, sondern sie übt sich in lyrischen Passagen auch in Zurückhaltung. Selten zu hören sind die vier argentinischen Tango-Stücke für Klavier aus der Feder von hierzulande kaum bekannten Tondichtern, in denen Tango-Zitate häufig mit impressionistischen Klangbildern verbunden werden.
Dass sie als Russin auch im amerikanischen Tanz-Jazz der 1910er und 20er Jahre zu Hause ist, beweist sie mit drei Präludien von George Gershwin. Besonders faszinierend aber die Tonmalerei mit wuchtigen Rhythmen in „Winnsboro Cotton Mill Blues“ von Friedrich Rzewski. Hier lässt Shybayeva das unheimliche Rattern der Baumwollmaschinen in den Südstaaten aufflackern und verausgabt sich körperlich: Mit ihren Unterarmen traktiert sie die Klaviertasten und führt so das bedrohliche Hämmern der Höllenmaschinen vor Ohren. Die Folge: Begeisterte Bravorufe. Einige dieser Stücke hat die Pianistin auf CD eingespielt: „Hanna Shybayeva – Let’s dance“ (Ars-Production). Reinhören lohnt sich.