Kultur Kompakt Intellektuelle im Prager Frühling
Düsseldorf · Porträts der Star-Fotografien Gisèle Freund in der Galerie Franz Swetec.
Die Galerie Franz Swetec zeigt 52 Porträts von tschechischen Schriftstellern, Politikern und Intellektuellen, die die berühmte Fotografin Gisèle Freund (1908-2000) kurz vor Ende des Prager Frühlings aufgenommen hat. Die jüdische Künstlerin aus Berlin hatte 1929/30 in Frankfurt bei Max Horkheimer und Theodor Adorno Soziologie studiert und anschließend an der Sorbonne die französische Fotografie des 19. Jahrhunderts recherchiert. Von den Nazis 1933 zur Emigration gezwungen, floh sie nach Frankreich, Süd- und Mittelamerika. Ab 1953 lebte sie wieder in Paris. Aus der Freundschaft mit vielen Intellektuellen der Zeit entstand die jetzt ausgestellte Fotoserie während des Schriftstellerkongresses 1967 in Prag.
Vaclav Havel ist jung und hoffnungsvoll, wenig später wird man ihn ins Gefängnis sperren. Der Mann mit dem Kruzifix im Hintergrund ist der Fotograf Josef Sudek, der einarmig in seinem Kellergewölbe steht und sich über seine fotografischen Ergebnisse beugt. Der Dichter Milan Kundera hofft wie sein Kollege Jan Vladislav auf eine glückliche Zukunft. Wie ein Strahlemann, der die Welt erobern will, wirkt Karel Kosik, damals ein einflussreicher Philosoph. Im hellen Pulli gleichfalls jugendlich ist Adolf Kroupa, Dichter und Übersetzer. „Der gute Fotograf muss in einem Gesicht lesen wie in einem Buch. Die Menschen einander näher zu bringen, scheint mir eine der wertvollsten Aufgaben der Fotografie“, schreibt Gisèle Freund. Sie erhält seit Ende der 1960er Jahre große Ausstellungen in Paris, auf der Documenta 1977 in Kassel und 1988 in Berlin. 1982 wird sie in die Ehrenlegion in ihrer Wahlheimat Paris aufgenommen, wo sie im Jahr 2000 mit 91 Jahren stirbt. Die Fotos bei Swetec sind unverkäuflich. (Bis 20.4., Kasernenstraße 13). H.M.