Rapperin Tice Die rheinische Rihanna
Düsseldorf · Knaller-Stücke, rauchig-soulige Stimme und Flow: Die Düsseldorfer Rapperin Tice wagt ihren nächsten Karrieresprung. Ihr neuer Hit heißt „Ohnegleichen“.
Tice schaut ernst in die Kamera. Vielleicht ein wenig melancholisch. Ein Blick, der auszudrücken scheint: Seht mich an, das Leben hat mich hart gemacht, aber ich habe mich nie verbogen. Ein Blick, der ahnen lässt, wie mühsam es ist, sich als Frau in einem testosterongetränkten Genre wie Hip-Hop durchzusetzen. Die 1985 in Ankara geborene Hatice wuchs in einer Mettmanner Hochhaussiedlung auf und lebt, seit sie volljährig ist, in Düsseldorf. Sie rappt seit zwei Jahrzehnten, spielte zig Konzerte, veröffentlichte einen Haufen Songs. Im Netz findet man Dokumentationen, Videos und viele Streams.
Eigentlich müsste sie viel berühmter sein. Doch trotz Knaller-Stücken wie „Baklava“, einer rauchig-souligen Stimme und einem Flow, der seinesgleichen sucht, blieb ihr ein kommerzieller Durchbruch bislang verwehrt. Vielleicht, weil es ihr mehr um Respekt als um Chart-Platzierungen ging, weil sie schon Fempower demonstrierte, bevor der Begriff aufkam, und ganz bestimmt, weil sie „nie ihren Arsch verkauft hat“. Trotz ihrer zierlichen Erscheinung verschafft sie sich alleine durch ihre Energie und Domina-Stimme Autorität.
Leuchtende Augen bekommt sie allerdings, wenn sie von ihren musikalischen Vorbildern Lauryn Hill und den verstorbenen Rap-Bad-Boy DMX schwärmt: „Die beiden haben mich durch meine Jugend begleitet und waren meine größte Inspiration. Hip-Hop hat mir einen Weg eröffnet, ich selbst zu sein, meinen eigenen Stil zu entwickeln.“ Tice nennt ihre Songs „Hymnen zur Selbstachtung“.
Mit Ende 30 versetzt sie ihrer Karriere nun einen Schub. Ihre neue EP „Ohnegleichen“ klingt zunächst wie gewohnt: Old-School-Rap, die unverkennbare androgyn dunkle Stimme weit vorn, minimalistische Instrumentierung. Aber dann: Tice singt! Sehr gut sogar! Zunächst im Afro-Beats-rhythmisierten „Gemeinsam“: „Ich weiß, ich bin auch allein viel zu viel für uns zwei“.
Und im Titelstück, einer von zarten Piano-Klängen begleiteten Selbstermächtigungsballade mit hinterhältigem Ohrwurm-Refrain, avanciert sie sogar zur rheinischen Rihanna.
„Harmonien sind mir schon immer wichtig gewesen, Gesang hat stets meinen Rap begleitet. Ich zähle mich nicht zu den Top-Sängerinnen, aber ich versuche weiterhin, mich zu verbessern. Reine Vocal-Songs könnte ich mir künftig durchaus vorstellen.“ Tatsächlich erfreuen sich die beiden Stücke mit den gesungenen Strophen einer bislang ungewohnten Radiopräsenz. „Ohnegleichen“ schaffte es sogar unter die „Fünf Songs, die die Welt jetzt braucht“ beim WDR-Globalpop-Sender Cosmo.
Info Auf der Bühne kann man Tice als Special Guest beim Konzert von Roter Kreis am 16. Februar im Kulturhaus Süd in Garath erleben.