„Scenario“ in der Rheinoper: „So nah wie möglich am Original“

Die Schweizerin Catherine Voeffray liefert die Kostüme für das Stück „Scenario“ — zu sehen sind sie ab Freitag in der Rheinoper.

Foto: Gert Weigelt

Düsseldorf. Die Schweizer Kostümbildnerin Catherine Voeffray gibt sich diplomatisch. Düsseldorf kenne sie bisher „nicht wirklich gut“. Sie komme ja immer nur zum Arbeiten hierher. Die Museen würde sie gern besuchen.

Alle redeten ja von der Kö. „Aber da war ich enttäuscht. Das Angebot finde ich nicht sehr spannend, sehr konventionell. Ich hatte etwas Spezielleres erwartet.“ Gern notiert sie Empfehlungen, wo dies in der Modestadt am Rhein vielleicht eher zu finden ist: etwa in Flingern oder in Unterbilk.

Etwas Spezielles erwartet die Premierengäste allerdings bei Martin Schläpfers Ballettabend b.19 heute Abend im Opernhaus: Voeffray hat für ihren Landsmann, mit dem sie schon länger zusammenarbeitet, den Klassiker des amerikanischen Tänzers und Choreographen Merce Cunningham „Scenario“ ausgestattet, nach Originalkostümen der japanischen Designerin Rei Kawakubo, entworfen für die Uraufführung 1997 in NewYork.

Der Spagat zwischen herkömmlichen Ballettröckchen und Rei Kawakubos radikalen Entwürfen könnte kaum größer sein: Polster und Wülste an Schultern, Rücken, Hüfte, Gesäß verändern menschliche Proportionen ins Groteske, verwandeln damit auch Bewegungsabläufe. Schläpfers Tänzer waren sofort begeistert. Die Proben zeigten, dass solche Auswüchse in der Kostümgestaltung keine Einschränkung bedeuten müssen, sondern eine Erweiterung bedeuten können. Auch für die Wahrnehmung der Zuschauer.

Mit Behinderungen in der Arbeit musste im Vorfeld allerdings die Kostümbildnerin fertig werden. „Wir hatten damit gerechnet, mit den Originalkostümen von Rei Kawakubo arbeiten zu können“, seufzt Catherine Voeffrey. Doch die sind längst in einem Museum in Minneapolis gelandet. Dorthin reiste Voeffrey mit Gabriela Oehmichen, der Kostümdirektorin der Rheinoper. An Ort und Stelle konnten sie die Kostüme zumindest studieren, fotografieren, in der Bewegung filmen — und schließlich nacharbeiten: „so nah wie möglich am Original.“

So entstanden 116 Kostüme in Einheitsgröße aus einem Jersey-Mischgewebe mit Elasthan, eines sogar aus 29 Einzelteilen. Die Polster waren eine Herausforderung. Kissen für Kleider, das wirkt nicht besonders anziehend, für manche auf den ersten Blick sogar abstoßend. Doch Vorgaben der amerikanischen Uraufführung waren streng: Manche Männer der Compagnie mussten sich für diesen Part von b.19 sogar ihre Bärte abrasieren.

Wie hält’s die Kostümbildnerin Voeffrey selbst mit der Mode? „Da überlege ich nicht lange. Ich nehme meist, was mir so zufällt und passt. Das mache ich dann zu meinem Lieblingsstück.“ Das kann von Vivienne Weestwood, von Victor & Rolf sein oder von einem der belgischen Avantgardisten. Beim WZ-Interview trägt sie Commes des Garcons, das Label von Rei Kawakubo — und schwärmt von der radikalen Mode-Künstlerin: „Sie interpretiert Schönheit neu.“