Spider Murphy Gang spielte für die Schickeria

Der Prinzenball ist die einzige Gelegenheit im Karneval, sich im besten Sinne aufzubrezeln. Das Prinzenclub-Programm gefiel den Gästen.

Foto: Melanie Zanin

Es gibt Kaufhäuser in der Stadt, die eine Fülle an Abendgarderobe vorrätig halten, als könnten sie es kaum erwarten, dass Düsseldorfs Ballsaison beginnt und sie ein gutes Geschäft machen. Saison ist in diesem Fall allerdings auf den Prinzenball beschränkt, der inzwischen zur Karnevalssession gehört wie das Kamellewerfen. Früher gab es einmal die Feste der Künstler im Malkasten, die ebenfalls damit lockten, sich in extravagante Textilien zu hüllen, doch das ist lange her, weswegen der Prinzenball im Hilton die einzige Chance ist, sich im besten Sinne aufzubrezeln, was, auch das muss man zugeben, nicht in jedem Fall gut ausgeht. So oder so, viele Jecke sind gar nicht scharf auf schicke Bälle. Sie sagen, der echte Karneval ist der Sitzungskarneval. Wenn „echt“ jedoch „Stimmung“ meint, wovon auszugehen ist, dann ist der Prinzenball, der am vergangenen Samstag stattfand auf jeden Fall echter Karneval, denn die Stimmung war sehr gut.

60 Jahr Prinzenclub gab es zu feiern und Präsident Jobsi Driessen, der seit einigen Jahren den lässigen Conférencier gibt, hat seine Rolle noch kein bisschen satt und spaßt sich und das Publikum munter durchs Programm, was vor allem aus Musik, ein bisschen Tombola und ganz viel Tanz besteht. Das Prinzenpaar und die Prinzengarde Rot-Weiss marschieren gleich zu Beginn des Abends auf und präsentieren eine Darbietung, welche sofort für diejenige Stille im Saal sorgt, die das Prinzenpaar bei ihren kurzen Ansprachen nicht herstellen kann. Da wird munter weitergequatscht, was man niemandem verübeln kann, denn jeder weiß, was Carsten II. und Venetia Yvonne sagen werden; dass sie gerne da sind, am liebsten länger blieben und sich freuen, überall so herzlich empfangen zu werden. Sagt jedes Prinzenpaar jedes Jahr.

Da schaut man viel lieber Michele Schummers, der Solo-Marie von Rot-Weiss zu, die herrlich tanzt, ihr Bein nicht nur bis zum, sondern hinters Ohr streckt, es also quasi um ihren Kopf wickelt. Nur einmal pro Woche trainiere sie, sagt die 19-Jährige und wundert sich, dass sich darüber andere wundern. Jetzt geht’s für sie weiter in irgendeinen anderen Saal, im Bus kann Michele neue Puste sammeln, während im Saal nun die Stunde des Publikums schlägt.

Die Band Heavens Club legt los, covert, was so in den vergangenen 30 Jahren musikalisch los war, inklusive „Valery“ von Amy Winehouse, was viel wert ist. An den Tischen ist sehr bald nicht mehr viel los, man drängelt sich gut gelaunt auf der Tanzfläche. So viel zum Thema echter Karneval und Stimmung.

Kirsten Simon schaut auf die Tanzfläche. Nein, sie ist noch nicht soweit, braucht noch ein bisschen. Was sie jedoch schon jetzt ganz gerne hätte, ist ein Orden. Einen großen, nicht die kleine Ausführung für die Damen. Und weil Jobsi bereits mit seiner Geburt jede Karnevalsetikette gegen ein entspanntes „Fünf gerade sein lassen“ eingetauscht hat, greift er kurz in die Kiste, die unter dem Tisch steht, an dem er sitzt, steht und fischt einen Orden heraus. Kirsten ist glücklich; aus Dortmund, wo sie früher wohnte, kannte sie solche Rituale nicht.

Weiter im Programm: Eine Tanzgarde aus Bergheim bei Köln baut Pyramiden und schwingt Herzen, und gleich darauf taucht Kate Ryan im Glitzerjumpsuit auf und singt trotz ihres englischen Namens auch Französisch. Das liegt daran, dass sie aus Belgien stammt, für das am Eurovision Song Contest teilgenommen hat. „Ela“, „Voyage, voyage“ — fein, da können auch die mitsingen, die in Französisch in der Schule eine Fünf hatten.

Für gegen 23 Uhr ist ein Überraschungsgast angesagt, man hat ja schließlich ein Jubiläum zu feiern. Es kommt — die Münchener Spider Murphy Gang, die, ja, sie tun’s wirklich, neben einer ganzen Reihe Songs auch „Schickeria“ und „Skandal im Sperrbezirk“ zum Besten gibt. Klar, dass jetzt auch das letzte Paar es aufgegeben hat, sich standardtänzerisch übers Parkett zu schieben. „Ihr seid toll angezogen“, ruft Sänger Günther Sigl den Düsseldorfern zu. „Das werde ich in München gleich berichten.“ Ein schönes Schlusswort, wobei der Abend noch lange nicht zu Ende war.