Symphoniker: Bei Sir Marriner schwächelt kein Orchester

Der temperamentvolle Altmeister dirigiert zum ersten Mal die Symphoniker — ein vielversprechendes Projekt.

Düsseldorf. Er ist der Bentley unter den Dirigenten, der Brite Sir Neville Marriner. Bevor nun die Düsseldorfer Symphoniker im kommenden Jahr ihr 150-jähriges Bestehen feiern, lassen sie ihr letztes großes Symphoniekonzert („Sternzeichen 4“) dieses Jahres am 13., 15. und 16. Dezember von jenem absoluten Weltstar leiten, der im Alter von 89 Jahren als lebende Legende am Dirigentenpult gelten kann. Der elegante wie temperamentvolle Altmeister war mit anderen Orchestern, vor allem mit der von ihm selber gegründeten Academy of St Martin in the Fields schon oft Gast in der Tonhalle. Doch die Düsseldorfer Symphoniker leitet er nun zum ersten Mal.

Marriner hat in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder echte Weltklasse-Orchester dirigiert, so bedeutet die Zusammenarbeit mit den Düsseldorfer Symphonikern für ihn wohl keinen Karriere-Sprung. Doch umgekehrt kann man das Projekt für das Orchester als Auszeichnung werten.

Darüber hinaus besitzt diese Zusammenführung großes musikalisches Potenzial. Denn erstens erweisen sich die Symphoniker stets als empfänglich für Impulse, die von Autoritäten gegeben werden (bestes Beispiel war das Gastdirigat Christoph Eschenbachs). Und zweitens gehört Marriner auch im hohen Alter noch zur Sorte agiler Arbeiter, denen es gelingt, Orchestern einen Qualitätsstempel aufzudrücken. Wenn Sir Neville am Pult steht, schwächelt kein Orchester.

In den 50er Jahren hatte Marriner echte Pionierarbeit geleistet und seine Academy zu einem der besten Mozart-Orchester der Welt gemacht. Davon zeugen bis heute die Maßstäbe setzenden Einspielungen von Mozarts Symphonien und Solo-Konzerten, die so unendlich viel Esprit und Eleganz besitzen. Umso erfreulicher, dass Mozarts „Krönungsmesse“ auf dem Programm steht. Denn bei Mozart haben die Symphoniker, die ja groß sind bei Strauss und Wagner, ein klein wenig Nachholbedarf.

Das ganze Programm ist festlich: Neben der Krönungsmesse erklingt das Violinkonzert Erich Wolfgang Korngolds. Das Konzert ist zum Teil identisch mit der ebenfalls von Korngold komponierten Filmmusik zu „Der Prinz und der Bettelknabe“. Es sind süßliche Klänge, die aber über Oberflächenglanz hinaus auch so empfindsam und gefühlsecht rüberkommen, dass man sich ihren Reizen kaum entziehen kann.

Um die vorweihnachtliche Stimmung komplett zu machen, singen zwei Sopranistinnen noch, vom großen Orchester begleitet, das Abendsegen-Duett aus Engelbert Humperdincks Oper „Hänsel und Gretel“.

Ein solch goldig glitzerndes Programm haben die Symphoniker wohl noch nie zusammengestellt. Und dann führt man das auch noch unter der Leitung eines britischen Grandseigneurs der Klassikwelt auf, der sich auf Zeremonielles versteht — da kann man nur noch aus Bachs Weihnachtsoratorium zitieren und rufen: „Jauchzet, frohlocket!“